Niemand dominiert die Schlagzeilen über die NFL mehr als Quarterbacks. Welches Thema wird während der Trainingscamps also genauso heiß diskutiert wie die Duelle um den Starter-Posten in Houston, Cleveland, Denver oder Chicago? Klar: die Battles um die Rolle des Backup Quarterbacks. Ich sage euch, welche Teams mit ihrer #2 ruhig schlafen können und welche nicht.

Es ist der Albtraum jedes NFL Head Coaches: Sein Starting Quarterback – seine Lebensversicherung – verletzt sich schwer. Denn auch wenn Football der ultimative Teamsport ist, gibt es im Sport wohl keine anspruchsvollere und wichtigere Position als die des Quarterbacks. Wenn der sich aber die Schulter ausgekugelt, das Kreuzband reißt oder einen auf die Zwölf bekommt, kann eine ganze Saison den Bach runtergehen.

Jüngstes Beispiel: Derek Carr. Nach seinem Wadenbeinbruch kurz vor Beginn der Playoffs 2016 war die Luft aus den Oakland Raiders schneller raus als aus nem Football, den man aufschlitzt wie einen Truthahn an Thanksgiving. Denn ein Starting Quarterback ist im Idealfall nicht nur dein bester Spieler, sondern auch der Anführer deines Rudels. Oakland stand kopflos da – wie ein Huhn nach nem Besuch beim Schlachter. Matt McGloin und nach dessen Verletzung Connor Cook setzten eine vielversprechende Spielzeit in den Sand.

Ganz aktuell zittert die gesamte Führungsriege in Indianapolis. Kaum ein Quarterback hat sein Team in den vergangenen Jahren mehr auf seine Schultern geschnallt und durchs Mienenfeld NFL geschleppt als Andrew Luck. Doch ausgerechnet die glücksche Schulter ist (noch) nicht einsatzfähig. Colts-Fans sollten also besser Siri mal nach Scott Tolzien befragen…

These 31: Hände weg von Mallett, Jones, Clemens und Co.

Natürlich kann man den Backups nicht allein die Schuld am Versagen eines kompletten Teams geben, aber wenn die Nummer 2 nicht einige ganz wichtige Punkte beachtet und mitbringt, ist sie wertlos (und landet bei den Jets, Browns oder 49ers ).

Ganz oben auf der Liste 1&1 des Backup Quarterbackings steht: DON’T LOSE THE GAME!

Genau. Versau es nicht! Das ist das A und O, wenn man ein langes und nicht selten unbeschwertes Leben als Bankdrücker oder Clipboard Holder genießen will. Ich habe für euch mal einen Blick auf die Backup-Situationen aller 32 Teams geworfen und sage euch, wer sich keine Sorgen machen muss, und wer sich keine Hoffnungen auf ein Märchen á la Kurt Warner machen braucht. Dabei habe ich die zweite Wahl in verschiedene Gruppen unterteilt.

A) Die Einäugigen unter den Blinden

Es gibt sie auf jeder Party, die Jungs, die bis zum Morgengrauen bleiben in der Hoffnung, doch noch eine der verbliebenen (und stark angetrunkenen) „Schönheiten der Nacht“ abzugreifen. Dabei sind die echten Einsen längst mit den GQ Models abgezogen. Sie sind die ewige zweite Wahl. Und es gibt sie nicht nur in Clubs, sondern auch in der NFL. Quarterbacks, für die es nie zum ganz großen Durchbruch reichen wird. Wer dieser Gruppe angehört, kann mit einer langen Profilaufbahn rechnen – wenn auch als Nachtschattengewächs.

Quarterbacks in Gruppe A: Kellen Moore (DAL), Colt McCoy (WSH), Jake Rudock (DET), Matt Barkley (SF), T.J. Yates (BUF), Matt Moore (MIA), Chad Henne (JAX), Scott Tolzien (IND)

Moore (der aus Dallas), Rudock und Tolzien gehören zu jener Kategorie Spieler, die hart für einen Roster Spot in der NFL kämpfen mussten. Sie sind so unterhaltsam wie eine Rede von SPD Kanzlerkandidat Martin Schulz, können das Vereinsfähnchen aber dank Toughness und Team Spirit hochhalten. McCoy, Yates, Henne, Barkley und der andere Moore durften alle bereits mehr oder weniger viel Luft als Starter schnuppern. Doch bei allen war immer klar, dass das so viel Zukunft haben würde wie die Staffelgewinner bei DSDS.

Moore (der Matt) ist bekannt für seine Nehmerqualitäten. Yates war der erste (und bis 2016 einzige) Quarterback, der ein Playoff-Spiel mit den Houston Texans gewinnen konnte. McCoy schaffte es 2014 Kirk Cousins auf die Bank zu verbannen. Heute schaut er dumm aus der Wäsche und bekommt dafür 21 Millionen Dollar weniger im Jahr. Barkley versucht (gemeinsam mit Cody Kessler) das ramponierte Image der USC Quarterbacks aufzupolieren. Denn seit Carson Palmer entpuppten sich sämtliche Trojaner als einbeinige Pferde (Mark Sanchez, John David Booty, Matt Leinart). Und Henne hat nur ein Drittel seiner 53 Starts gewonnen. Zudem warf er trotz Bortles bekannter Aussetzer seinen letzten Pass in dessen Rookie-Saison 2014.

B) Ich bin ein Star, holt mich hier raus

Sie gehören entweder der 1. Gruppe an, haben es aber nie wahrhaben wollen, oder sie waren tatsächlich mal der Mittelpunkt der Erde, haben es aber ganz ordentlich vergeigt. Einstige Franchise-Hoffnungsträger eben.

Quarterbacks in Gruppe B: Nick Foles (PHI), Case Keenum (MIN), Matt Schaub (ATL), Derek Anderson (CRL), Ryan Fitzpatrick (TB), Matt Cassel (TEN)

Wisst ihr noch, als Foles 2013 Michael Vick ersetzte, acht seiner zehn Spiele gewann und 64% seiner Pässe für 27 TDs und nur 2 INTs anbrachte und für den Pro Bowl nominiert wurde? Seither brachte er es auf zwei neue Arbeitgeber. Und nun kehrt er als Backup nach Philly zurück. Autsch! Keenum war ne Granate am College, aber die NFL mag kleine QBs nur, wenn sie rocken wie AC/DC. Er ist zwar wie ein Terrier und hatte seine Momente, doch der letzte Wurf im London Game letzte Saison gegen die Giants hat sich in die Gehirne aller Coaches und GMs gebrannt.

Schaub, Cassel und Anderson sind klassische Oldies, die mal ihren Moment (oder auch mehrere davon hatten) und seither vor allem als Mentoren glänzen. Schaub hält noch immer so ziemlich jeden QB-Rekord in Houston und war zweimal im Pro Bowl. Cassel warf in seiner einzigen Pro-Bowl-Saison (2010) tatsächlich mehr TDs (27) als es sein Nachfolger Alex Smith jemals in einer Spielzeit getan hat. Anderson ist tatsächlich der bislang einzige Browns QB seit Bernie Kozar 1987, der im Pro Bowl spielte (2002). Fitzpatrick ist der einzige Harvard-Absolvent, der dumm genug ist, sechs Interceptions in einem Spiel zu werfen.

C) Top Guns

Sie sind die junge Garde der Hoffnungsträger. Auf ihren Schwingen will eine ganze Fanbase zum nächsten Titel fliegen. Aber, aber, wer spricht denn hier von Druck??? Die Jungs sind also entweder die neuen Football-Götter mit Tiefschutz oder sie stürzen geradewegs auf Gruppe 2 zu…

Quarterbacks in Gruppe C: Deshaun Watson (HOU), DeShone Kizer (CLE), Mitchell Trubisky (CHI), Patrick Mahomes (KC), Paxton Lynch (DEN)

Der Aufschrei aller Fans in Houston und Chicago und vereinzelte Essensverschlucker in Cleveland und Denver sind mir sicher. Doch Leute, zum jetzigen Zeitpunkt gibt es einfach KEINEN Grund, einen der Rookies (oder Herrn Lynch) auf den Thron zu heben. Die Grünschnäbel haben ihre Feuertaufe zwar gut gemeistert, doch der 1. Spieltag der Preseason ist so wertvoll wie ein Seahawks-Trikot von Matt Flynn.

D) Die Matt Flynners

Apropos Flynn… Sie sind die heimliche Hoffnung auf einen hohen Draft-Pick. Jedes Jahr gibt es hier ein bis zwei Kandidaten, die die Herzen außenstehender GMs mit überschwänglichen Performances in der Preseason höher schlagen lassen. Es ist die ewige Hoffnung auf den Wunderknaben, den keiner auf der Rechnung hatte.

Quarterbacks in Gruppe D: Brett Hundley (GB), Sean Mannion (LAR), Jimmy Garoppolo (NE), A.J. McCarron (CIN)

Jimmy G. ist der Superstar der Preseason. Der August ist sein Monat. Seit 2014 brachte er hier 165 von 241 Pässen für 10 TDs und 3 INTs an. Und am Ende ist er doch nur der Typ, der Tom Brady den Kaffee bringt – noch. Für McCarron gab es angeblich Angebote, die einen 2nd Round Pick beinhaltet haben sollen, aber die Bengals haben dankend abgelehnt. Wohl weniger, weil sie auf einen 1st Rounder als Tauschobjekt hoffen, sondern eher, weil es in der Organisation immer noch Zweifler in puncto Andy Dalton gibt.

Green Bay bringt alle 3-4 Jahre einen dieser Preseaon-Hipster hervor. Mark Brunell, Matt Hasselbeck, Aaron Brooks oder zuletzt Matt Flynn. Jetzt ist es Hundley, der seit 2015 insgesamt 58 von 87 Preseason-Pässen für 8 TDs und 2 INTs angebracht hat. Mannion steht auf der Liste, weil ich ihn gern spielen sehe. Ein Berg von einem Kerl und nicht nur Hall of Famer Eric Dickerson ist der Meinung, er sei (zumindest jetzt) besser als Jared Goff.

E) Der Friedhof der Kuscheltiere

Kurz und deutlich: Das sind die Jungs, die besser nie zum Einsatz kommen sollten. Oder anders gesagt: Wenn der Star QB eures Teams zerlegt wird, solltet ihr beten, dass sein Handtuchhalter sich nicht in dieser Gruppe befindet.

Quarterbacks in Gruppe E: Chase Daniel (NO), Ryan Mallett (BAL), Landry Jones (PIT), Kellen Clemens (LAC)

Daniel ist nochmal einen halben Kopf kleiner als der Mann, dem er den Rücken stärken soll (Drew Brees). Seit 2009 in der Liga, brachte es der kleine Mann bislang auf genau einen (!) Touchdown-Pass. Beruhigend. Mallett gehörte mal zu Gruppe D, ehe er es schaffte, den Backup-Job von Brady zu verlieren. Anschließend verpasste er mehrfach Meetings oder Flüge in Houston und fand sich über den Umweg Arbeitsamt in Baltimore wieder.

Jones hat in vier Starts für die Steelers als Big-Ben-Ersatz bewiesen, dass er besser als Rinderfarmer in Oklahoma anfangen sollte. Clemens gehört aufgrund der Tatsache, dass er bereits seit mehr als 10 Jahren in der NFL zuhause ist, in Gruppe A. Doch wenn man bedenkt, dass er es in 56 Einsätzen (21 Starts) nur auf ein Rating von 69,4 mit einer Completion Percentage von 54,6% gebracht hat, mag man gar nicht weiterlesen. Kaum zu glauben, dass der Mann mal ein 2nd Round Pick war.

F) Die Blinden gegen die Tauben

Der Rest vom Schützenfest. Hier geht es noch rund wie bei Rudis Kettenkarussell aufm Jahrmarkt in Klein Tacklinghausen. Denn bei diesen Teams steht noch gar nicht fest, wer die Nummer 2 (oder sogar die Nummer 1) sein wird.

Quarterback-Duelle in Gruppe F:
Josh Johnson vs. Geno Smith (NYG): Johnsons Lebenslauf ist der helle Wahnsinn. Bereits 15 Mal wurde er verpflichtet (entsprechend 14 Mal entlassen). Allein die 49ers haben ihn zwischen dem 14. Mai und 21. Oktober 2014 ganze vier Mal verpflichtet. Er gehört wohl eher in Gruppe E und hat nur ein Duell um die Nummer 2 der Giants, weil Smith nach überstandenem Kreuzbandriss noch nicht ganz fit ist. Fakt ist: Der Verlierer des Duells fliegt, denn Rookie David Webb ist ebenso sicher im Kader wie Eli Manning.

Drew Stanton vs. Blaine Gabbert (ARZ): Stanton ist ein gestandener Backup, hat in den vergangenen beiden Jahren als Carson Palmer Ersatz aber nur knapp mehr als 40% seiner Pässe angebracht. Gut denkbar, dass der einstige Qst Round Pick Gabbert hier das Rennen macht. Klassischer Gruppe B Typ…

Trevone Boykin vs. „The Law“ vs. Austin Davis (SEA): Eigentlich ist es weniger ein Duell zwischen zwei Quarterbacks, sondern nur die Frage, ob Boykin in den Knast wandert oder nicht. Im Frühjahr wurde er innerhalb einer Woche zweimal verhaftet. Am 22. August gibt es die erste Anhörung. Kommt er mit einem blauen Auge davon, ist er ne sichere Bank hinter Russell Wilson.

Bryce Petty vs. Christian Hackenberg (NYJ): Petty gehört jener Gruppe von Quarterbacks an, die am College strahlen und bei den Pros ihre Schwächen offenbaren. Denn da ist das System eben nicht mehr dein Freund. Sicher hat er das Zeug zu einer Nummer 2, doch die Jets wollen und müssen sehen, was Hackenberg kann. Alles spricht dafür, dass der einst als Wunderwaffe gehandelte Mann von der Penn State früher oder später NFL-Luft schnuppern wird. Denn die Jets müssen wissen, ob sie 2018 einen QB draften müssen oder nicht.

Brock Osweiler vs. Cody Kessler (CLE): Spannende Kiste in Cleveland. Kessler ist der Liebling von Head Coach Hue Jackson, doch Osweiler hat aller Kritik und Häme zum Trotz Eier bewiesen und das Rennen um die Nummer 1 spannend gemacht. Kizer ist die Zukunft, es würde mich aber überraschen, wenn er mal eben beide überspringen würde.

E.J. Manuel vs. Connor Cook (OAK): Schon als Manuel seinerzeit von den Bills in Runde 1 gedraftet wurde, war doch klar, der Typ ist ne Gurke. In Oakland muss er sich der traurigen Realität stellen. Er wird nie so gut sein wie Derek Carr und er muss höllisch aufpassen, dass Cook nicht links an ihm vorbeizieht.

Fazit:

Wer sind also die besten Backup Quarterbacks der NFL? Es sind die Jungs, die sich mit ihrer Rolle abgefunden haben und nicht versuchen, Wunder zu erzwingen. Die Kerle, die verstehen, dass sie das Spiel nicht allein gewinnen müssen. Cassel ist hier ein klassisches Beispiel. Doch der beste Backup der NFL ist in meinen Augen Matt Moore. Was das wert ist, zeigt die Verpflichtung von Jay Cutler in Miami…

In diesem Sinne,

Euer Stolle

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