Von Moritz Haist
In der vergangenen Saison galt die NFC South als eine der qualitativ schlechtesten Divisionen der gesamten NFL. Keines der vier Teams konnte die Saison mit einer positiven Bilanz beenden. Spannend war es allerdings allemal und auch in dieser Saison darf man von einem heißen Kampf um den Division-Titel ausgehen.
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Rückblick
In der Vorsaison konnten die Tampa Bay Buccaneers erst am vorletzten Spieltag den ersten Platz der Division für sich beanspruchen und damit ihre Playoff-Teilnahme klarmachen.
Die dritte Saison von Tom Brady und die erste von Headcoach Todd Bowles (bis dato Defensive Coordinator der Buccaneers) lief für den NFC South Champion von 2021 und dem Super-Bowl-Sieger von 2020 eher schlecht als recht.
Im Februar 2022 verkündete Tom Brady zunächst seinen Rückzug aus der NFL. Zwei Wochen später nahm der erfolgreichste Quarterback aller Zeiten diese Entscheidung wieder zurück und erklärte seinen Rücktritt vom Rücktritt. Dies führte unter anderem auch dazu, dass einige Free Agents der Buccaneers sich entschieden, weiterhin in Tampa zu bleiben, um gemeinsam mit Brady einen weiteren Super-Bowl-Run zu starten.
Doch große Probleme in der Offensive Line und ein auch daraus resultierendes schlechtes Laufspiel machten diesen Plan zunichte. Insgesamt war die Offense um Brady nicht wirklich stimmig und so war nach der ersten Playoff Runde und einer Niederlage von 14:31 gegen die Dallas Cowboys Schluss für die Buccaneers.
Bei den Carolina Panthers endete die Ära von Head Coach Matt Rhule trotz des sehr langfristig ausgestalteten Vertrages bereits nach zwei Jahren und der fünften Spielwoche der Saison 2022 und Steve Wilks (bis dato Defensive Pass Game Coordinator) übernahm für ihn.
Die Panthers legten mit Wilks am Steuer eine beeindruckende Kehrtwende hin: Ein mehr als starkes Laufspiel gab dem Team eine neue Identität und hielt die Panthers bis zum letzten Spieltag auf Playoff-Kurs.
Auch wenn sich das Franchise aus Charlotte schließlich dem Rivalen aus Tampa Bay im Kampf um den Divisions Titel geschlagen geben musste, zeigte das Team doch eine starke spielerische und mentale Leistung, zumal sie die zweite Saisonhälfte ohne ihren Playmaker Christian McCaffrey auskommen mussten, der nach San Francisco getradet wurde.
Für die New Orleans Saints und ihren neuen Head Coach Dennis Allen war die Saison 2022 insgesamt eine große Enttäuschung. Die Bilanz von sieben Siegen zu zehn Niederlagen bedeutete, dass die Saints zum ersten Mal in 23 Jahren eine Saison mit einer zweistelligen Anzahl an Niederlagen beendeten.
Im ersten Jahr ohne Sean Payton konnte zwar zunächst die problematische Situation um den Salary Cap gelöst werden und mit WR Chris Olave wurde ein sehr guter Spieler in der ersten Runde des Drafts ausgewählt, der zusammen mit undrafted Rookie Rashid Shaheed ein sehr gutes Duo bildete. Trotzdem konnten die Saints offensiv nicht wirklich überzeugen. Die Verletzungen von WR Jarvis Landry, der erst in der Offseason verpflichtet worden war, und Michael Thomas trugen sicher ihren Teil dazu bei.
Die Atlanta Falcons hingegen verfügten 2022 über eine der schlechtesten defensiven Units der Liga. Ganz im Gegenteil zu ihrem Laufspiel und der Leistung ihres Special Teams. Die starke Offensive Line und QB Marcus Mariota, der das Laufspiel zusätzlich mit seinen Rushing-Qualitäten unterstützte, brachte die Falcons ligaweit auf Platz drei der Rushing Offenses.
Im Passspiel kamen vor allem durch die Inkonstanz von Mariota die Schwächen der Falcons zutage und mit insgesamt 2927 Passing Yards landete das Franchise aus Atlanta auf dem vorletzten Platz der Division. Vier Wochen vor dem Ende der Saison übernahm Drittrunden Pick Desmond Ridder die Quarterback Position und konnte zwei der letzten vier Spiele gewinnen.
Atlanta Falcons
Gerade im Hinblick auf die letzte Saison, scheint die Strategie der Falcons ziemlich eindeutig. Das Laufspiel soll noch stärker ausgebaut werden. Die Offensive Line ist mit Chris Lindstrom, Kaleb McGary und Jake Matthews sehr stark besetzt. Ebenso das Backfield mit Tyler Allgeier, Cordarrelle Patterson und nicht zuletzt dem „Luxuspick“ Bijan Robinson, der an achter Stelle ausgewählt wurde. Insbesondere für das Quarterback Spiel ist dies sehr interessant.
Zwar wurde in der Offseason noch QB Taylor Heinicke verpflichtet, aber wenn es den Falcons bzw. Desmond Ridder gelingt, den offensiven Plan der Falcons umzusetzen, könnte das Team aus Atlanta erneut eines, wenn nicht sogar das dominanteste Laufspiel der Liga haben.
Auch mit Anspielstationen wie Kyle Pitts, Jonnu Smith und Drake London hat Ridder sehr gute Umstände in der Falcons Offense.
Die Defense scheint zumindest auf dem Papier wesentlich verbessert als im Jahr zuvor. Mit Jessie Bates und Jeff Okudah im Backfield und u.a. Calais Campbell in der Defensive Line sind auf jeden Fall einige Upgrades gelungen.
New Orleans Saints
In New Orleans startet stand jetzt der wohl erfahrenste und beste Quarterback der NFC South. Mit der Verpflichtung von Derek Carr verfügen die New Orleans Saints über einen erfahrenen Spielmacher, der zumindest mit Chris Olave und Rashid Shaheed über ein vielversprechendes Receiver Duo verfügt, jedoch wird die Situation und Gesundheit von Michael Thomas hier von Bedeutung sein. Sollte Thomas wieder zu alter Form zurückkehren, ist der Receiver Room mit Carr als Quarterback sicher nicht zu unterschätzen.
Für das Laufspiel hingegen ist zu beachten, dass RB Alvin Kamara aufgrund einer Schlägerei im Februar 2023 in Las Vegas für drei Spiele gesperrt wurde und sich zumindest für den Anfang der Saison hier Änderungen im Kader ergeben werden.
Auf der defensiven Seite haben die Saints einige Spieler verloren, was sich vermutlich in der Leistung bemerkbar machen wird. Ohne Marcus Davenport, David Onyemata und Kaden Ellis bleiben zwar noch Stützen wie Cam Jordan und Demario Davis, doch kommen diese auch langsam in ein Alter, in dem der Zenit wohl leider doch überschritten ist.
Carolina Panthers
Nachdem bereits 2020 in Carolina ein großer Umbruch stattfand, wurde in dieser Offseason nochmals ein Neustart eingeleitet. Mit einem neuen Trainerstab um HC Frank Reich, der sich einerseits durch sehr erfahrene und andererseits auch durch junge Trainer und Koordinatoren auszeichnet, und mit QB Bryce Young, der im diesjährigen Draft als 1st Overall Pick nach Carolina ging, sollen in Charlotte nun endlich wieder erfolgreiche Zeiten anbrechen.
Zwar fehlen ohne Christian McCaffrey und DJ Moore nun zwei ausgezeichnete Spieler in der Offense, aber mit den Verpflichtungen von RB Miles Sanders, WR DJ Chark und Adam Thielen sowie TE Hayden Hurst stehen Bryce Young eine hohe Anzahl ganz unterschiedlicher Spielertypen zur Verfügung mit denen sein Start in der NFL und der Beginn seiner Entwicklung als zukünftiger Franchise Quarterback auf einer soliden Ausgangsbasis stehen.
Im Vordergrund steht für Carolina in dieser Saison sicherlich die Entwicklung von Bryce Young und das reagieren auf notwendige Anpassungen in seiner Entwicklung.
Tampa Bay Buccaneers
Auch bei den Tampa Bay Buccaneers wird im Jahr eins nach Tom Brady ein neuer Quarterback starten. In der Offseason sicherten sich die Bucs die Dienste des ehemaligen Browns und Panthers Quarterback Baker Mayfield, der in seinen letzten beiden Saisons allerdings nicht überzeugen konnte. Sind die verletzten Spieler der Offensive Line, wie z.B. Center Ryan Jensen und die Tackles Tristan Wirfs und Luke Goedeke wieder fit, wird Mayfield eine wesentlich bessere Protection als Brady in der vergangenen Saison haben.
Auch das Laufspiel sollte hiervon profitieren. Mit Mike Evans und Chris Godwin haben die Buccaneers sicherlich das stärkste Receiver Duo der NFC South. Ob Tampa Bay hier punkten kann obliegt auch beim neuen Offensive Coordinator Dave Canales und seinem Gameplan.
Die Defense der Buccaneers, die in den letzten Jahren einen sehr großen Anteil am Erfolg des Teams hatte, wird sicherlich wieder versuchen, ihren Teil beizutragen.
Prognose
Insgesamt sollte es nicht überraschen, wenn die Ergebnisse der NFC South in diesem Jahr ähnlich aussehen wie in der vergangenen Saison.
Sollte die Strategie in Atlanta mit Desmond Ridder als QB aufgehen, das Laufspiel eine ähnliche Qualität haben wie in der letzten Saison und Playmaker wie Kyle Pitts nochmal einen Schritt nach vorne machen, ist mit den Falcons in jedem Fall zu rechnen.
Ob sich in New Orleans die Verpflichtung von Derek Carr wirklich auszahlt und die Saints trotz der fehlenden Säulen der Defensive erfolgreich um den Titel in der NFC South mitspielen kann, wird sich zeigen. Es scheint momentan nicht sehr wahrscheinlich, jedoch sollte man sollten die Saints keinesfalls unterschätzt werden.
Wie erfolgreich die Panthers in dieser Saison werden, hängt zum Großteil an ihrem Rookie Quarterback und den Entscheidungen des neuen Coaching Staffs – insbesondere des neuen Defensive Coordinators Ejero Evero, der die Panthers Defense zu einem 3-4 Base Scheme umstellen wird. Der Sieg der Division wäre sicherlich eine mehr als große Überraschung.
Gleiches gilt für die Tampa Bay Buccaneers. Trotz ihrer zuverlässigen Defense, ist es im Hinblick auf die Offense und ihrer Quarterbacks Baker Mayfield und Kyle Trask eher unwahrscheinlich dass die Bucs die Division das dritte Mal in Folge gewinnen können.
Atlanta scheint zwar auf dem Papier am besten für alle Eventualitäten gerüstet, es ist aber gut möglich, dass sich hier kein Team deutlich nach vorne absetzten kann und wir eine ähnlich „schlechte“ NFC South wie im letzten Jahr zu sehen bekommen.
Foto: © IMAGO/Jeff Robinson/Icon Sportswire