Er ist wie der Pickel auf der Nase eines Teenagers, der einfach nicht verschwinden will. Er ist wie dieser Ohrwurm, der dir einfach nicht mehr aus dem Kopf geht. Er ist wie die schlechte Werbung, die du täglich zehn Mal in Fernsehen siehst und dann auch noch im Radio über dich ergehen lassen musst. Er ist immer da. Die Rede ist von Tony Romo.
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Warum ist der ewig strahlende (und ewig verletzte) Noch-Quarterback der Dallas Cowboys hinter jeder Ecke? Weil er DAS Thema in dieser Offseason ist. Es gab in der Geschichte der medialen Berichterstattung über die National Football League wohl keinen anderen Spieler, der – auch wenn er nicht spielte – seinen Platz auf Seite 1 der Gazetten des Landes sicher hatte und in sämtlichen Talk Shows zuhause war.
Kurzer Einwurf: Das stimmt natürlich nicht. Es gibt da doch einen Spieler, der trotz anhaltender Aussetzer und Erfolgslosigkeit noch häufiger für Schlagzeilen sorgt als Romo – Johnny Manziel.
Wie auch immer, was ich euch eigentlich sagen will ist, dass Romo seit dem 26. November 2015 nicht mehr in der Startaufstellung der Cowboys gestanden hat, und dennoch immer ein Thema war. Romo hier. Romo da. Er war im Sommer das beherrschende Thema, während und nun auch nach seiner Verletzungspause.
5. These: Der Markt schreit nicht gerade nach Romo-Rentner!
Alle Welt rätselt, wohin es den 36-Jährigen Spielmacher dieses Frühjahr verschlagen wird. Ich sage es gleich vorneweg (aber lest gefälligst weiter!): Romo wird keinen Super Bowl mehr gewinnen.
Eine Menge Teamnamen schwirren aktuell durch die Gerüchteküche: Bills, Jets, Browns, Texans, Chiefs, Broncos, Bears oder auch 49ers. Natürlich würde Romo am liebsten einen Brett Favre hinlegen und zu einem echten Meisterschaftsanwärter gehen. Doch allein die Tatsache, dass Romo seit 2014 keine Saison mehr verletzungsfrei durchspielen konnte, lässt alle GMs und Coaches in der NFL aufhorchen. Will man sein Schicksal wirklich von einem Spielmacher abhängig machen, dessen Licht bei einem Hit so schnell ausgeht wie eine Kerze im Wind?
Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Team bereit wäre, für Romo zu traden. Sein Vertrag in Dallas ist echt heftig. Allein 2017 erhält er 14 Millionen Dollar plus 5 Millionen Dollar Handgeld. Die Cowboys müssen ihr Lieblingsross wohl einfach auf die Weide stellen und zusehen, wie ein anderer Reiter es für einen Bruchteil des Preises einfängt.
Ich habe mal die Wechselszenarien durchgespielt, die am wahrscheinlichsten sind – immer vorausgesetzt, dass Romo als gesetzter Starter zu einem Team geht. Dazu habe ich das „Romo-Meter“ erfunden. Das misst die Wahrscheinlichkeit eines Wechsels des All-Time Passing Leaders der Cowboys.
Romo zu den Jets:
Quarterback-Diskussionen und –Kontroversen gehören beim „anderen“ Team im „Big Apple“ einfach zum guten Ton. Und das schon seit Joe Namath. Bei all den Dramen um die Spielmacher der Jets, wünscht man sich fast Vinny Testaverde für etwas Konstanz zurück. Da der aber noch älter und noch verletzungsanfälliger als Romo ist, findet sich der Cowboys-Star in den Zeitungen in New York wieder.
Die Jets haben mit den Abenteuern Ryan Fitzpatrick und Geno Smith abgeschlossen. Eventuell sehen sie eine Zukunft in Bryce Petty oder Christian Hackenberg, doch die brauchen dringend einen Mentor. Das Problem: Die Jets sind mehr als 6 Millionen Dollar über dem Cap. Sie müssen also erstmal teure Spieler (oft gleichbedeutend mit Leistungsträgern) ziehen lassen. Zudem ist das Team bereits ohne Romo das zwölftälteste der NFL. Wer weiß, wieviel Saft noch in Brandon Marshall oder Matt Forte steckt. Wie schnell es bergab gehen kann, hat man letzte Saison auf Revis Island erlebt…
Romo-Meter: 7,3. In New York liebt man die große Story. Romo wäre eine verdammt große Story. Ungeachtet aller Pulverfässer.
Romo zu den Browns:
Ich brauche euch nicht erklären, dass die Browns eine einzige Baustelle sind. Aber es gibt Hoffnung. Hue Jackson sitzt als Head Coach fest im Sattel. Er hat mit Jamie Collins einen wichtigen Spieler langfristig halten können und mit Sicherheit erhält WR Terrell Pryor einen Franchise Tag. Die QB-Situation ist aber ein Albtraum. RGIII steht noch ein Jahr unter Vertrag, noch ist fraglich, ob er bleiben wird. Cody Kessler hat Potenzial gezeigt (65,6 Comp %; 6TD/2INT in neun Spielen). Ein Romo als Mentor wäre sicher eine gute Sache, zumal ich nicht davon ausgehe, dass sich die Browns im Draft einen weiteren Quarterback-Flop leisten werden.
Romo-Meter: 0,75. Bleiben wir realistisch. Romo würde Cleveland doch höchstens auf Einladung von LeBron James besuchen wollen.
Romo zu den Bills:
Bevor der Name Romo hier auftauchen kann, muss erst einmal Tyrod Taylor vom Hof gejagt werden. Die Bills sitzen da in einer bescheidenen Situation. Das Passspiel der Bills war 2016 unterirdisch (Platz 30 mit 189,8 Yds/Spiel), aber der Markt gibt nicht viel her. Was also tun mit Taylor? Ihm 27,5 Millionen Dollar zahlen und hoffen, dass er das irgendwann rechtfertigt oder ziehen lassen und hoffen, dass man im Draft oder mit Romo eine mögliche Alternative findet?
Natürlich will ein neuer Coach (Sean McDermott) am liebsten auch „seinen“ Spielmacher spielen sehen. Aber Romo wäre nur ein Kurzzeitangestellter. Buffalo müsste sich wohl dennoch im Draft umschauen. Zudem sind die Titelchancen der Bills doch echt gering. Sie haben nen starken Running Back in LeSean McCoy, aber die Defensive spielte unter Rex Ryan unter den Erwartungen und die Receiver stehen (wie Romo) eher wegen Verletzungssorgen in den News. Als ob das nicht genug rote Flaggen für einen 36-jährigen Quarterback auf Jobsuche sein sollten, ist da noch das Wetter. Romo kommt zwar aus Wisconsin, ist aber nur texanische Hitze und gut klimatisierte Arenen gewöhnt. Spätestens im November würde ihm jeder Hit dreimal so wehtun wie sonst.
Romo-Meter: 3,7. Taylor und Buffalo, das wird kein Happy End. Die Bills gehen wohl auf QB-Suche. Die Chance, Romo zu bekommen, ist aber dennoch eher gering.
Romo zu den Chiefs:
Das Ding hier klingt wie ein Traum eines jeden Schreiberlings. Oder wie eine Fortsetzung vom Film „Draft Day“. Alle Welt denkt, Smith wäre gut genug für die Regular Season aber nicht der Richtige, um die Chiefs ins gelobte Land zu führen. Heißt im Lala Land: Chiefs verkaufen Smith und holen sich dafür Romo. Beide zusammen geht auch nicht, denn Kansas City hat keine Kohle, die ausgegeben werden kann.
Aber bleiben wir mal auf dem Boden der Tatsachen. Smith spielte in seiner Karriere gar nicht so schlecht in den Playoffs, wie viele meinen. Zwar gewann er nur zwei von sechs Spielen, doch er warf in diesen sechs Begegnungen nur zwei Interceptions (12 TD), warf 246,8 Yards pro Spiel und hat ein Rating von 94,5. Das sind mehr Yards und ein besseres Rating als in regulären Saisonspielen für Schmidty. Und Romo? Der hat dieselbe Playoff-Bilanz (2-4), warf bei ebenfalls zwei Picks nur acht Touchdowns, warf nur 219,3 Yards pro Spiel und hat ein Rating von 93,0. Wo ist da das Upgrade???
Romo-Meter: 2,2. Viel Lärm um nichts, sage ich. Sicherlich würden die Chiefs einen willigen Käufer für Smith finden, aber ein tatsächliches Upgrade (zumindest in den Playoffs) ist Romo nicht. Und seine Verletzungsanfälligkeit bringt die Chiefs in die Lage, einen jungen Quarterback draften zu müssen.
Romo zu den 49ers:
Die Kurzfassung? Da reicht ein Wort: Rebuild. San Fransciso hat den dritten Head Coach in drei Jahren. Dazu einen neuen GM. Hier muss alles alte raus und alles soll neu gebaut werden. Natürlich sind da auch erfahrene Profis gefragt, die den Laden zusammenhalten. Aber sämtliche Titelträume würden hier in der San Francisco Bay baden gehen, noch bevor die Tinte unter dem Vertrag von Romo getrocknet wäre.
Dennoch könnten die 49ers ein gewisses Interesse bei Romo wecken. Immerhin ist der neue Chefcoach Kyle Shanahan als Quarterback-Guru bekannt. Der bringt selbst nem Matt Schaub das Werfen bei.
Romo-Meter: 2,6. Wenn Romo sich mit dem Gedanken anfreunden kann, ohne Ring in den Sonnenuntergang zu reiten, dann wäre San Francisco sicher ein schöner Alterswohnsitz.
Romo zu den Bears:
Chicago hat keine Wahl. Jay Cutler muss weg. Wenn sie ihn jetzt nicht auf die Route 66 schicken, wann dann? Cutler jetzt zu cutten, kostet die Bears „nur“ 2 Millionen (17 Millionen Dollar weniger als noch vor einem Jahr). Es ist durchaus denkbar, dass Head Coach John Fox Matt Barkley als Mann der Zukunft sieht. Er hatte einige gute Momente gegen Saisonende 2016, dennoch brauchen die Bears einen Sicherheitsanker. Und der könnte Romo heißen.
Romo ging in Eastern Illinois zur Uni. Seine Familie lebt nur etwas nördlich in Wisconsin. Für Chicago sprechen ein Laufspiel und eine Defense, die mit zunehmender Dauer der Saison 2016 besser gespielt haben. Doch reicht das, um an den Lions, Vikings und Packers vorbeizukommen?
Romo-Meter: 1,5. Auf dem Papier klingt Chicago nicht unlogisch. Doch vieles deutet darauf hin, dass die Bears alles auf eine Karte setzen und Jimmy Garoppolo holen wollen werden. Der kommt ja auch von der Eastern Illinois…
Romo zu den Texans:
Diese Hochzeit macht Sinn. Houston hat vergangenes Jahr ein halbes Vermögen für Brock Osweiler ausgegeben. Doch die einstige Broncos-Hoffnung entpuppte sich als riesige Enttäuschung (15TD/16INT; 72,2 Rating). Man wird das Gefühl auch nicht los, dass den Texans nicht viel fehlt, um ganz vorn mitspielen zu können. Die Defensive war auch ohne J.J. Watt großartig (Platz 1 mit 301,3 Yds/Spiel). Die Division ist chronisch schwach (also einfach zu gewinnen) und das Laufspiel lag auf Platz 8 (116,2 Yds/Spiel). Zudem sind DeAndre Hopkins und Will Fuller zwei der talentiertesten jungen Receiver.
Romo dürfte in Texas bleiben, wo er sich zuhause fühlt und gerade erst vor wenigen Monaten mit dem Bau eines Luxusanwesens begonnen hat. Dennoch wäre er in meinen Augen nicht als Nummer 1 gesetzt. Osweiler kostet Houston 2017 stolze 19 Millionen Dollar. Coach und GM werden alles tun, ihn als Starter zu etablieren, um am Ende nicht die Schuld für Osweilers Versagen in die Schuhe geschoben zu bekommen.
Romo-Meter: 4,9. Vieles klingt logisch bei der Verbindung Romo/Texans. Ich gebe aber zu bedenken, dass Houston kaum das Geld haben wird, um Romo angemessen (Starting QB Money) zu zahlen.
Romo zu den Broncos:
Das Thema habe ich ja schon vergangene Woche beleuchtet. Auch wenn man meinen könnte, ein Mentor wäre eine gute Sache für Paxton Lynch und Trevor Siemian, das hat schon vor einem Jahr mit Mark Sanchez nicht funktioniert. Die Broncos haben ihre zukünftige Nummer 1 in Lynch. Siemian hat bewiesen, dass er ein solider Starting Quarterback sein kann – nicht mehr und nicht weniger. Auf Romo-Dramen haben John Elway und Co. keinen Bock.
Romo-Meter: 0,3. Romo würde in Denver wahrscheinlich auch für umsonst anheuern, denn kein Team hat eine bessere Chance auf einen Titel in den kommenden ein bis zwei Jahren. Doch hier wäre Romo ganz klar nur eine Übergangslösung – die vielleicht schon im Sommer auf der Bank landen würde.
Für alle Romo-Fans gibt es aber dann doch dieses kleine Fünkchen Hoffnung, dass Good Ole Tony doch noch mit einem Ring am Finger in den Sonnenuntergang reiten könnte. Indem er nämlich in Dallas bleibt. Für weniger Geld, als Handtuchhalter von Dak Prescott. Klingt sehr unwahrscheinlich, ist es auch. Aber wir alle wissen ja, in Jerryworld ist alles möglich…
In diesem Sinne. Bis nächste Woche,
Euer Stolle