Der wilde Westen. Mann gegen Mann. Haarteil gegen Haarteil. Ganz ehrlich, Donald Trump hätte die Zeit geliebt. Doch auch die AFC West wird er diese Saison lieben. Denn die bietet mehr alternative Fakten als das Weiße Haus.

Aber wir – also Onkel Dons Haarteil, unser Kumpel Roger und ich – konnten ja beim Blick in die Zukunft nicht ahnen, dass „Make NFL Great Again“ von keiner anderen Division so aufgegriffen werden würde wie von der Westenklave der AFC. Hätten wir noch mehr Dramen und unerwartete Wendungen, wir wären in einer brasilianischen Telenovela oder bei Oprah.

26. These: Raiders gewinnen Super Bowl – Favre beerbt Smith

Was ihr in den nun folgenden Zeilen lesen werdet, könnte euch überfordern. Also setzt euch lieber hin. Habt die Aspirin bereit und stellt nachher keine dummen Fragen. Ihr wisst ja, genau so wird es kommen. Freut euch also auf nen Hotdog verkaufenden Trevor Siemian, Brett Favre statt Alex Smith, einen verwirrten Philip Rivers und die Meisterschaft für die Raiders.

Denver Broncos

Als der Sommer beginnt, erwarten alle einige heiße Position Battles in Denver. Wer wird Starting Quarterback? Welcher Running Back setzt sich durch? Doch zum Erstaunen aller Experten und Fans wird es gar nicht so dramatisch wie befürchtet. Zum Glück für die Broncos. QB Trevor Siemian geht als Nummer eins ins Camp und bestätigt das auch in den ersten Einsätzen. Doch im dritten Test der Saison beendet ein Sack von Clay Matthews alle Träume des Spielmachers. Gehirnerschütterung. Minuten später wird der Quarterback beobachtet, wie er sich von der Spielerbank entfernt und später als Hotdog-Verkäufer (noch in Uniform) in den Fanblöcken auftaucht.

Das Internet hat seine helle Freude an dieser Nummer. Siemian kann sich später an nichts erinnern. Und Paxton Lynch wird diesen Tag nie vergessen. Denn nun ist er die Nummer eins! Zum Saisonauftakt läuft es zwar noch nicht rund, doch zur Bye Week (bereits in Woche5), hat sich der junge QB gefangen. In den folgenden 12 Spielen wirft er in jeder Partie mindestens zwei Touchdowns. Am Ende stehen 27 TDs zu Buche – bei 18 INTs. WR Emmanuel Sanders hat seine beste Saison seit drei Jahren (86 Catches, 1.271 Yards, 8 TDs).

Auch das Laufspiel kann sich sehen lassen. Die Coaches lassen C.J. Anderson den Vortritt, wollen aber anschließend auf die „Hot Hand“-Strategie setzen. Die Geduld zahlt sich aus. Wenngleich der Sieger dieser Competition etwas überraschend Jamaal Charles heißt. Am 6. Spieltag bekommt er erstmals den Starting Spot und steuert 173 Gesamt-Yards bei. Von nun an ist er der wichtigste Baustein im Laufspiel der Broncos und der Rettungsanker von Lynch. Am Ende führt er die Broncos mit 963 Yards an und fängt 66 Bälle.

Auf die Defensive ist ohnehin Verlass. OLB Von Miller vernascht eine Offensive Line nach der anderen (17 Sacks). Die Cornerbacks Aqib Talib, Chris Harris Jr. und Bradley Roby lassen nur 5 TDs – insgesam erlauben die Broncos nur 11 Pass-Touchdowns (Platz 1) und 2.923 Pass-Yards zu (auch Platz 1). Kein Wunder also, dass sich die Broncos von ihrem Super-Bowl-Hangover erholen und sich locker nen Wild-Card-Platz sichern.

Kansas City Chiefs

Seit Wochen fragt sich die Football-Welt, was da wirklich los ist in Kansas City. Vertragsverhandlungen dauerten unnötig lange. Ein Draft, der mehr Fragen als Antworten brachte. Dann die Entlassung von Jeremy Maclin. Kurz darauf wurde der Vertrag von Andy Reid verlängert und keine 45 Minuten später schlich GM John Dorsey mit seinem Hab und Gut vom Hof – gefeuert.

Doch wer dachte, die Offseason sei schon chaotisch verlaufen im mittleren Westen, der sollte sich jetzt besser anschnallen. Baustellen gibt es nämlich einige bei den Chiefs. Da wäre zu allererst die Quarterback-Situation. Alex Smith ist (noch) die Nummer eins. Dass man ihm einen Rookie zur Seite setzt, ist dem einstigen #1 Overall Pick nicht neu. Doch ließ er es in San Francisco geschehen, sorgt er dieses Mal für Wirbel. Nach außen gibt er den braven Lehrmeister für Patrick Mahomes. Doch hinter den Kulissen brodelt es. Smith mischt dem Rookie Abführmittel ins Essen, so dass dieser mitten im Quarterback-Meeting förmlich explodiert und sich im letzten Moment einen Papierkorb als Notlösung holt, um sich zu erleichtern. Wenige Tage später übertreibt es Smith beim berühmten Rookie Hazing. Mahomes wird nicht nur eine seltsame Frisur verpasst. Smith lässt ihn von seiner O-Line auch teeren und federn. Anschließend wird Mahomes nur mit einem Borat-Bikini bekleidet an einem Fahnenmast hochgezogen, wo er ganze vier Stunden hängt. Tiefpunkt der Tiraden ist der letzte Tag des Camps, als Smith zwei Schachteln Peperoni-Pizza unter Mahomes‘ Bett versteckt. Wenig später wütet Reid wie ein Tornado durch die Räume auf der Suche nach seinem 14-Uhr-Snack…

Reid hat vorerst keine Wahl, als es zu dulden, zumal Mahomes Lichtjahre entfernt ist von einer NFL-Karriere. Also beschafft er dem Rookie einen Bodyguard. Reid heuert seinen alten Lehrling Brett Favre an, um seinen neuen Gunslinger zu beschützen. Währenddessen legen Reids Mannen einen durchwachsenen Saisonstart hin. WR Tyreek Hill kommt mit der andauernden Doppeldeckung nicht klar. Das Laufspiel findet keine Konstanz und Smith zeigt mehr Einsatz beim Kampf gegen Mahomes als auf dem Feld. Hinzu kommt, dass die Lücken in der Defense offensichtlich werden. Die Chiefs geben noch mehr Yards ab als vor einem Jahr. Im Schnitt sind es in den ersten acht Spielen 399 Yards pro Partie (2016 waren es 368,5 pro Spiel). Im Vorjahr konnte das Team dieses Problem durch die meisten forcierten Ballverluste (33) vertuschen. Doch S Eric Berry, CB Marcus Peters und Co. stehen zur Halbzeit gerade einmal bei acht Turnovers.

Aber wer denkt, die daraus resultierende Bilanz von vier Siegen und vier Pleiten sei ein Problem, der kennt den Rest der Story noch nicht. Denn im letzten Spiel vor der Bye Week kommt es in Dallas zum Eklat. TE Travis Kelce – bekanntermaßen kein Kind von Traurigkeit – legt in Dallas eine Audition für eine neue TV-Show hin. Nachdem „Catching Kelce“ ihm vorrübergehend eine Freundin brachte, kommt nun „Kicking Kelce“ – was ihm ne Menge Ärger einbringt. Kelce tritt an der Seitenlinie stehend nach einem Big Play von Dez Bryant den am Boden liegenden Receiver. Als der Schiedsrichter das sieht und seine Flagge wirft, bekommt erst der Stofffetzen und anschließend auch der Umpire einen Kick ab. Kelce fliegt aus dem Spiel und wird für vier Partien gesperrt.

Ruhe kommt in der spielfreien Woche aber nicht rein. Im Gegenteil: Denn anstatt Mahomes nur zur Seite zu stehen, ihm den Rücken freizuhalten und einige nützliche Tipps zu geben, fängt es bei Favre an, in den Fingern zu kribbeln. Man sieht ihn immer öfter auf dem Trainingsplatz und schließlich nimmt er am Training teil. Reid tut alles als einen Scherz ab. Doch als die Chiefs Ende November bei 4-7 stehen, schreibt der Head Coach der Chiefs seine eigenen Gesetze.

Smith, der zu jenem Zeitpunkt bei 16 TDs und 13 INTs steht, wird in einer Nacht-und-Nebel-Aktion verkauft – und zwar an seinen alten Arbeitgeber. Die 49ers müssen für ihren Ex lediglich einen Viertrunden-Pick hergeben. Doch damit nicht genug. Am 3. Dezember stellt Reid beim Auswärtsspiel bei den New York Jets ausgerechnet Favre als QB1 auf. Tatsächlich macht der dann 48-Jährige kurzen Prozess mit den Jets. Am Ende gewinnt Favre vier seiner fünf Spiele, wirft 15 TDs bei 8 INTs, lässt seinen kleinen Brett brav in der Hose, beendet nach Saisonende seine Karriere und ruft fünf Wochen später wieder bei Reid an um zu fragen, ob er weiterspielen darf.

Los Angeles Chargers

Viele Experten trauen den Chargers zu, das Überraschungsteam des Jahres 2017 zu werden – obwohl sie in der sehr talentierten AFC West spielen. Doch die Experten haben die Rechnung ohne den Wirt gemacht. Denn in San Diego – ähhhhhhhhhhhhhhm Los Angeles – herrscht das übliche Umzugschaos. Nach dem Desaster mit dem neuen Logo gleich direkt nach Bekanntgabe des Umzugs und der Nachricht, dass man ein Jahr länger im Mini-Stadion spielen müsse als geplant, geht es zu Saisonstart munter weiter.

Ein Überraschungssieg zum Auftakt in Denver lässt die Chargers in Überschwang baden. Euphorisch geht es in der Woche vorm ersten Heimspiel im StubHub Center zu. Doch der Dämpfer kommt – und zwar heftig. Denn die Chargers müssen die komplette erste Halbzeit der Begegnung gegen die Dolphins ohne QB Philip Rivers auskommen. Der war nicht etwa bei der Geburt seines 433. Kindes. Nein, Rivers hat bei aller Aufregung einfach verpennt, dass er ja nicht mehr in San Diego sondern in LA spielt. Er fuhr also Highway 5 gen Süden. Erst als er vorm Qualcomm Stadium steht, bemerkt er seinen Fehler. In der Zwischenzeit sind die Chargers völlig von der Rolle und liegen zur Pause mit 0:35 hinten. Am Ende steht es 13:42. Doch der Aussetzer ihres Leaders hinterlässt Spuren.

Die Mannschaft wirkt gespalten. Die Fans sind entsetzt, einige geben sogar ihre Dauerkarten zurück. Los Angeles fühlt sich verraten. Kurzum: Es ist eine Saison zum Vergessen. Die Chargers gewinnen schlussendlich sechs Spiele, vier davon nach ihrer Bye Week. Doch sehen will diese kaum jemand. Im Schnitt pilgern nur 17.500 Zuschauer zu den Partien. Sie verpassen eine dominante Saison von RB Melvin Gordon, der neben 17 TDs auch noch 1.563 Yards erzielt. DE Joey Bosa rockt auf der anderen Seite des Balles. Er holt 19 Sacks und forciert 7 Fumbles. Und doch ist all das zu wenig. Keine Playoffs, kaum Fans und die große Frage, ob man sich im Draft einen neuen Quarterback holen sollte.

Oakland Raiders

War Dave Damashek in der Zukunft, um sich dort meines Concussion Protocols zu bedienen? Oder wie lässt sich erklären, dass er genau heute davon spricht, dass die Raiders zum großen Wurf ausholen werden?! Ja, ihr habt richtig gehört. Kein großes Tamtam, kein Drama, nur Skittles und happy Faces. Die Raiders werden den Super Bowl gewinnen.

Sie werden bis zur Bye Week beinahe schlafwandelnd durchmarschieren. Es ist ein Ballett aus Muskeln und Eierwärmern, das da durch die gegnerischen Abwehrreihen tanzt – also bis auf RB Marshawn Lynch. Der rollt wie ein Panzer auf Speed da durch. Oakland geht mit einer 7:2-Bilanz in die Pause. Danach sieht der Spielplan recht heftig aus, doch die Raiders sind auf einer Mission. Sie setzen gleich zum Auftakt der „Rückrunde“ ein Zeichen. In Mexiko walzt DE Khalil Mack Tom Brady platt. Kein schönes Bild – aber eines mit Signalwirkung (mehr dazu hier). Die Liga fürchtet sich wieder vor den Raiders. Am Ende der regulären Saison hat sich Lynch 13 Mal in die Endzone getankt. Da die Raiders ihn im Herbst noch geschont haben, weil sie ihn für die Playoffs brauchen, kommt er „nur“ auf 983 Yards. Egal, dank Jalen Richard und DeAndre Washington stellen die „Silver and Black“ trotzdem das drittbeste Laufspiel der NFL. Hinzu kommt, dass der teuerste Spieler der Liga – QB Derek Carr – jeden Cent wert ist. Er bringt 69% seiner Pässe für 4.832 Yards mit 38 TDs und nur 7 INTs an. Die Defensive verbessert sich von Rang 26 (6.001 Total Yards) auf Platz 17. Mack erzielt 18,5 Sacks und fängt 5 INTs, von denen er drei zum Touchdown returniert.

Die Dominanz setzt sich in den Playoffs fort. Niemand kann die Raiders stoppen. Super Bowl 52 gehört ihnen. Mit Lynch als MVP. Und dem Geist von Al Davis über allen schwebend.

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Das war es für diese Woche. Seid auch nächste Woche am Start, wenn ich euch im letzten Teil der Reihe erzähle, wie die Saison in der NFC West laufen wird.

In diesem Sinne,
Euer Stolle

Grafikquelle: UPROXX

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