Genauso wie die Conference-Kollegin aus dem Süden zeichnet sich auch die NFC EAST durch ihre Unberechenbarkeit aus – so gut wie jedes Jahr steht ein anderes Team an der Spitze. Diese Division gehört deshalb und auch aufgrund der großen medialen Märkte in Dallas, New York, Washington DC und Philadelphia zu den Lieblingen der Liga.
Gefühlt finden sich die NFC-Teams aus dem Osten daher auch an jedem zweiten Wochenende seit Jahren in Sunday- oder Monday-Night Games wieder. Glamour eben. Jerry Jones in Dallas, Odell Beckham jr bei den Giants, das alljährliche Chaos bei den Redskins und die hohen Erwartungen der Eagles-Fans (die sich dann doch meist nicht erfüllen). Unterhaltung pur. Anders ausgedrückt: Glamour eben.
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In schöner Regelmäßigkeit kann zumindest ein Team auch die sportlich meist völlig überzogenen Erwartungen dann aber tatsächlich erfüllen. Die Giants legen alle paar Jahre einen unwiderstehlichen Playoff-Run hin (und schlagen die Patriots im Super Bowl) – und nun scheinen sich sogar die Dallas Cowboys nach einer Ewigkeit mal wieder zu einem heißen Anwärter zumindest auf die NFC-Krone zu mausern.
Die Redskins haben nicht nur einen umstrittenen Teamnamen, sondern auch einen ehemaligen GM mit einem Alkoholproblem – und stehen wenige Wochen nach einer Saison, die nur einen Sieg und eine Interception von Kirk Cousins von der Playoff-Teilnahme entfernt war, vor einem Trümmerhaufen.
In Philly fragt man sich, wohin die Reise mit Jungstar Carson Wentz wohl gehen mag. Aufgerüstet haben die Eagles ihre Offensive jedenfalls schon massiv.
DALLAS COWBOYS (Bilanz 2016: 13-3)
Stärken:
Nach mehreren sensationellen Drafts in Folge gebührt die Ehre doch tatsächlich Besitzer und GM Jerry Jones, sein Spielzeug in den letzten Jahren zu einem starken Team mit großer Zukunft geformt zu haben. Mit Unterstützung seines Sohnes Stephen war auch die Entscheidung, im letztjährigen Draft als vierten Pick overall Running Back Ezekiel Elliott abzugreifen, Gold wert.
Ob der 2nd-Rounder 2016, Jaylon Smith, nach schwerer Knieverletzung jemals zu einem wichtigen Linebacker für Dallas werden kann, bleibt dahingestellt – und ist eher fraglich.
Aber diesen riskanten Move hat Jones mit der Wahl von Quarterback Dak Prescott in Runde 4 mehr als wettgemacht. Hinzu kommt die wohl beste Offensive Line der NFL – dieses Angriffs-Arsenal wird auf Jahre die Stärke der Cowboys bleiben.
Schwächen:
Hat es Altmeister und Coordinator Rod Marinelli zuletzt eindrucksvoll geschafft, eine Einheit aus unterschätztem Mittelmaß zu einer durchaus soliden Defensive zu formen, steht er 2017 vor seiner wohl grössten Herausforderung.
Vor allem die Passverteidigung sieht momentan übel aus: die Cornerbacks Brandon Carr und Morris Claiborne verließen Texas in der Free Agency ebenso wie die Safeties Barry Church und J.J. Wilcox. Fast 2,700 defensive Snaps aus 2016 gilt es in der kommenden Saison also zu ersetzen. Autsch. Bis jetzt ist nur Cornerback Nolan Carroll (Philadelphia) als Neuzugang zu vermelden.
Draft Needs:
- Cornerback/Safety – irgendwie vielleicht sogar clever, sich gerade das Jahr für den Verlust so vieler eigener Starter in der Secondary auszusuchen, in dem die Draft Class auf diesen Positionen so tief ist wie selten zuvor.
- Defensive End – DEs Greg Hardy und Randy Gregory waren große Risiken, die sich nicht ausgezahlt haben. DeMarcus Lawrence konnte die Erwartungen noch nicht erfüllen, Tyrone Crawford ist der einzige Lichtblick.
- Wide Receiver – seit Jahren sind die Cowboys schon auf der Suche nach einer brauchbaren Nummer 2 neben Dez Bryant. Terrance Williams hat zwar nun seinen Vertrag verlängert – ist aber auch weiterhin nicht das Puzzleteil, das der Offensive der Cowboys noch fehlt.
NEW YORK GIANTS (Bilanz 2016: 11-5)
Stärken:
Die Defensive von Rückkehrer Steve Spagnuolo steigerte sich in der zweiten Saisonhälfte ganz gewaltig. Kein Wunder – gab das Front Office der New Yorker doch in der Offseason davor massig Kohle für einige Free Agents aus: Olivier Vernon, Damon Harrison, Janoris Jenkins.
Vernon war seinen Monstervertrag zumindest über Strecken der Saison wert, Harrison kam von den Jets und war vor allem gegen den Lauf ein Volltreffer – und Jenkins bildete zusammen mit Rodgers-Cromartie und Rookie Eli Apple ein formidables Cornerback-Trio.
Dazu kam das ‚Comeback‘ von Jason Pierre-Paul, der nach seiner Handverletzung wieder einigermaßen an alte Form anknüpfen konnte. Landon Collins stieg in seiner zweiten Saison zu einem der besten Safeties der Liga auf und beeindruckte mit über 100 Tackles, 5 Interceptions und 3 Sacks.
Schwächen:
Quarterback Eli Manning spielte mit knapp über 4,000 Yards und einem Touchdown/Interception-Verhältnis von 26:16 zwar eine akzeptable Saison, doch die Offensive blieb weit hinter den Erwartungen am Big Apple zurück.
Odell Beckham jr war wie gewohnt eine Bank (101 Receptions, 1,367 Yards, 10 TDs), seine Kollegen Victor Cruz und Sterling Shepard kämpften beide vor allem mit mangelnder Konstanz. Hier wurde mit Brandon Marshall definitiv ein Upgrade geholt – die Frage wird sein: wie wirkt sich Marshall auf den Locker Room aus?
Das Laufspiel der Giants um Rashad Jennings (wurde nicht verlängert) und Rookie Paul Perkins war unter aller Kanone, gar historisch schlecht.
Draft Needs:
- Offensive Tackle – ein desaströses Laufspiel und die seit Jahren erfolglose Suche nach einem ‚Franchise Player‘ auf der linken Seite sprechen für einen frühen Draftpick. Ereck Flowers wäre als Right Tackle weitaus besser aufgehoben, wo Kollege Bobby Hart zwingend ersetzt werden muss.
- Running Back – nur 3,55 Yards/Lauf brachten Jennings und Perkins 2016 zustande. Und dies, obwohl gegnerische Verteidiger meistens einen zusätzlichen Mann auf Odell Beckham jr angesetzt hatten. Die Offensive der Giants braucht mehr Balance.
- Linebacker – ein frommer Wunsch jedes Giants-Fans seit Jahren wäre eine Investition in diese Position, ob via Free Agency oder eben dem Draft. Keenan Robinson war 2016 ein Anfang. Aber das Linebacker-Mittelmaß bei den Giants schreit nach Upgrade.
WASHINGTON REDSKINS (Bilanz 2016: 8-7-1)
Stärken:
Die Redskins waren nur einen Sieg in den letzten drei Spielen von den Playoffs 2016 entfernt. Dies spricht durchaus für eine ungekannte Konstanz, mit Blick auf den 9-7 Record aus dem Vorjahr. Head Coach Jay Grudens Vertrag wurde vor einigen Wochen bis 2020 vorzeitig verlängert.
Ebenso band man Quarterback Kirk Cousins um ein weiteres Jahr über den Franchise Tag. Alles Zeichen für eine vielversprechende Entwicklung in Washington? Mitnichten. Aber ein wenig überdecken konnte man das Chaos um GM McCloughan damit schon..
Sportlich gesehen war die Passing Offense überraschenderweise eine der besten der gesamten NFL. Sicherlich neben starken Auftritten von Tight End Reed sowie den Receivern Garcon und Jackson (beide über 1,000 Yards!) hauptsächlich der Verdienst von OC Sean McVay, der als ‚Belohnung‘ nun Head Coach der Los Angeles Rams werden durfte.
Cousins performte bis auf ein Katastrophenspiel im (allerdings entscheidenden) Saison-Finale gegen die Giants besser als erwartet – Ergebnis des Offensivsystems oder mehr? Auch die Verantwortlichen wissen’s wohl nicht und weigern sich partout, den QB langfristig zu binden.
Schwächen:
Die Laufverteidigung gehörte zu den schwächsten der Liga, und nun verlor man mit Chris Baker auch noch den stärksten Defensive Lineman an die Buccaneers. Ebenso war die Secondary mit Ausnahme von Neuverpflichtung Josh Norman zu schwach, um in dieser Division die Cowboys und Giants hinter sich zu lassen. Folgerichtig wurde in der Offseason Defensive Coordinator Joe Barry durch Linebackers Coach Greg Manusky ersetzt.
Das Laufspiel der Redskins erlebte mit dem Einbau von Rookie ‚Fat Rob‘ Kelley einen Aufschwung. Allerdings konnte Kelley seine Defizite als Pass Catcher nicht verbergen. Stand Kelley aufm Platz, wurde gelaufen. Das wusste auch der Gegner…
Draft Needs:
- Defensive Line – zu wenig Pass Rush, zu wenig Power durch die Mitte, um den Lauf zu stoppen. Die Redskins brauchen ne Generalüberholung ihrer D-Line. Die Free Agents McClain und McGee sind nicht das Ende der Fahnenstange.
- Cornerback – gegenüber von Josh Norman erlebte Bashaud Breeland einen unerwarteten Leistungseinbruch und in der Slot waren Kendall Fuller und Dashaun Phillips durchgehend zweiter Sieger.
- Inside Linebacker – nach dem Abgang von Keenan Robinson besteht hier weiterhin Bedarf. Mason Foster taugt als Übergangslösung, mehr nicht.
- Wide Receiver – mit Pierre Garcon und DeSean Jackson verlor Kirk Cousins insgesamt über 2,000 Yards an Produktivität. Terrelle Pryor kam aus Cleveland, dazu der 1st-Rounder 2016, Josh Doctson – reicht das?
PHILADELPHIA EAGLES (Bilanz 2016: 7-9)
Stärken:
Es fing alles so schön an. Die Defensive des neuen Coordinators Jim Schwartz kam aus den Startblöcken geschossen und war die Überraschung des ersten Saisondrittels. Sie ließ zwar ebenso nach wie Rookie-Quarterback und Heilsbringer Carson Wentz, verspricht aber für 2017 so einiges. Das 34-3 zuhause gegen die Pittsburgh Steelers war der Höhepunkt der letzten Saison. Blöderweise halt schon in Woche 3.
Tight End Zach Ertz mutierte zur zentralen Anspielstation im Team und war ab November einer der auffälligsten Spieler der Liga auf seiner Position. In Woche 17 fing der 26-jährige gegen die Cowboys 13 (!) Bälle für 139 Yards und 2 Touchdowns.
2015 gelang ihm übrigens ein ähnliches Kunststück im Saisonfinale – hier sogar in den letzten beiden Spielen: insgesamt 22 Catches für 274 Yards. Am Ende kackt die Gans. Und Zach Ertz.
Schwächen:
Das Urteil über Quarterback Wentz kann noch nicht gefällt werden. Wie auch? Wer auf Spieler wie Nelson Agholor und Dorial Green-Beckham werfen muss, wird selten ‚Big Plays‘ landen können.
So war Philly eines der Teams mit den wenigsten angekommenen Pässen über 20 Yards – es gab einfach keinen klaren ‚No 1-Receiver‘, der das Feld in die Länge ziehen konnte. Neuzugang Alshon Jeffery wird dies sein (sofern er gesund bleibt). Torrey Smith ist schnell. Immerhin.
Die Passverteidigung war zu Saisonbeginn einigermaßen brauchbar, bis dann die Defizite der beiden starting Cornerbacks offensichtlich wurden: Nolan Carroll (mittlerweile ein Dallas Cowboy) und Leodis McKelvin (kannte DC Schwartz schon aus Buffalo – mittlerweile entlassen) jagen keinem Receiver Angst ein.
Draft Needs:
- Cornerback – Rookie Jalen Mills sollte sich noch entwickeln, ist aber Stand heute ein Sicherheitsrisiko, sollte er Starter werden. Abgesehen davon braucht man zwingend Ersatz für Carroll und McKelvin.
- Running Back – wird Ryan Mathews noch entlassen? Selbst wenn nicht, ist er viel zu verletzungsanfällig, um ein zentraler Bestandteil der Eagles-Offense zu bleiben. Coach Pedersen vertraute ihm bereits 2016 zu selten. Mathews wurde nun an den Bandscheiben operiert, Kollege Wendell Smallwood ist die große Unbekannte – und Darren Sproles nicht unsterblich.
- Offensive Tackle – Right Tackle Lane Johnson unterschrieb einen langfristigen Vertrag. Sein Pendant Jason Peters bleibt wider Erwarten nun doch in Philadelphia. Mit einem Jahresverdienst von knapp 12 Mio Dollar 2017 und den meisten False Starts der NFL in 2016 muss schleunigst ein Nachfolger her.
So, die NFC East hätten wir. Nächste Woche geht’s hier weiter mit der North-Division der AFC.
Steelers, Ravens, Bengals, Browns. Das wird spannend.
Bis denne,
Detti sagt Servus.
Foto-Quelle: Instagram