Endlich. Playoffs, Baby! Jetzt geht es um die Wurst. Jetzt zeigt sich, wo der Frosch die Locken hat. Und der Barthel den Most holt. Am Ende kackt die Gans. Die beste Zeit des Jahres. Punkt.

Und jeder von euch kann sich sicherlich an das ein oder andere Playoff-Highlight in den letzten Jahren erinnern. Ihr wisst noch ganz genau, wo ihr wart. Mit wem. Und was ihr in dem Moment getrunken oder euch zwischen die Knabberleisten geschoben habt, als die Träume eures Lieblingsteams geplatzt sind. Oder wahr wurden. Zumindest für eine weitere Woche.

Uns Jungs von der Footballerei geht es da nicht anders. Auch wir sind Menschen. Jaha. Fans wie du und ich halt. Und jeder von uns musste schon mal durch die Hölle. Oder hat vor lauter Freude die Bar abgerissen, in der er das Spiel gesehen hat. Na ja, also nicht wortwörtlich. Ihr wisst schon.

Wir wollen euch in den nächsten Wochen davon berichten. Unsere geilsten Playoff-Momente. Oder die schlimmsten. Kann man sich ja nicht aussuchen, was?

Al Pacino lässt grüssen. Jedes verdammte Yard kann über Wohl oder Wehe eures Teams entscheiden. An jedem verdammten Sonntag. Playoff-Spiele sind nicht vorbei, bevor die dicke Lady singt. Und genau das macht diesen Sport ja so geil.


Ich bin seit Beginn der 2000er Jahre Fan der Seattle Seahawks. Das war eine Zeit, zu der die Franchise gerade ein neues Stadion, Logo und neue Trikots spendiert bekam. Die Hawks wollten sexy sein. Da das Team seit der Gründung 1976 noch rein gar nichts gerissen und zudem am A*** der Welt im Nordwesten der USA so gut wie keine mediale Beachtung gefunden hatte, musste irgendwas passieren. Paul Allen sei Dank. Der Mitgründer von Microsoft erwarb Ende des Jahrtausends die Seahawks und machte Nägel mit Köpfen.

Unter Coach Mike Holmgren, Quarterback Matt Hasselbeck, Running Back Shaun Alexander sowie All-Pro Left Tackle Walter Jones ging es dann auch endlich sportlich bergauf. Etwas Zählbares sprang aber bis auf eine Super Bowl-Teilnahme in der Saison 2005 weiter nicht heraus. Erst mit Pete Carroll und GM John Schneider schaffte es Seattle, langsam aus dem Schatten der großen Teams zu treten – gekrönt mit dem dominanten Super Bowl Sieg im Februar 2014 gegen die Denver Broncos.

Und so fand man sich ein Jahr später im NFC Championship Game wieder. Zuhause. Der Gegner: Aaron Rodgers und die Green Bay Packers. Etwas mehr als zwei Jahre nach ‚Fail Mary‘. Für die Packers hieß es also: RACHE.

Wurde nichts draus…


Kapitel I – ‚Russell Wilson drops back and he’s intercepted – AGAIN‘

Klar, jeder erwartete einen offenen Schlagabtausch zwischen diesen beiden Teams. Der amtierende Super Bowl-Champion im eigenen Wohnzimmer gegen den #2-Seed in der NFC. Die beiden besten Teams der Conference, Rodgers gegen die Legion Of Boom, Marshawn Lynch gegen Eddie Lacy. Und bereits in Woche 1 der Regular Season trafen beide Teams in Seattle aufeinander, mit einem knappen Sieg der Seahawks. Und knapp war auch diese Kiste.

Die ersten drei Viertel des NFC Championship Game sind schnell zusammengefasst: Packers, Packers, Packers. Zur Halbzeit stand es 16:0 für Green Bay – und Russell Wilson’s Bilanz zum Pausentee liest sich beeindruckend: 2 von 9 Pässen angebracht, 12 (!) Yards, 3 Interceptions. Hilfe.

Der Abend begann so schön: ich, 5 Kumpels, Bier, eine Leinwand, ein Beamer, NFL Gamepass. Ich war wuschig wie ein kleines Kind am Heiligen Abend. Zur Halbzeit hatte ich blöderweise nur das Gefühl, dass statt dem Christkind ein Axtmörder zu Besuch kam. Überraschung! Feierabend. Im Nebenzimmer übrigens meine Frau, Sat.1 und Frank Buschmann. Warum erzähl ich das? Abwarten…


Kapitel II – und es wird noch schlimmer.

Okay, Halbzeit. Neu sortieren. Es steht ’nur‘ 0:16. Die Packers haben so viele Chancen liegen lassen, das wird ihnen noch leid tun (tat es auch). Eine Interception von Rodgers in der Endzone (Sherman), First-and-Goal an der Endzone (Field Goal), nochmal First-and-Goal an der Endzone (wieder Field Goal). Die Seahawks konnten froh sein, dass sie nach 30 Minuten nicht schon HOFFNUNGSLOS zurücklagen.

Das dritte Viertel begann aber blöderweise so, wie die Halbzeit aufgehört hatte. Immerhin: die Offense der Seahawks schaffte es nach einer gefühlten Ewigkeit aber zumindest mal in Field Goal-Reichweite. Hurra.

Was dann kam, war der Beginn eines der spannendsten Spiele, die die NFL je gesehen hat. Ein Fake! Gut, wenn man es knapp 45 gespielte Minuten lang nicht geschafft hat, auch nur den Hauch von Gefahr in der Offense zu verbreiten, muss halt so ein Blödsinn her. Lustig is‘ natürlich, wenn’s klappt… Punter und Holder Jon Ryan schnappt sich die Pille, schiesst links aus der Pocket und findet einen völlig ungedeckten Offensive Tackle, Touchdown. Jetzt aber!

Von wegen. Nach einem weiteren Field Goal durch Crosby steht es 19:7 – bis nur noch zwei Minuten zu spielen sind. Was dazwischen passiert, ist kaum der Rede wert. Wilson mit der vierten Interception, die Packers laufen, laufen, laufen und punten – und haben die Sache im Griff.


Kapitel III – kann nicht euer Ernst sein?

Durch die schnellen Punts der Packers (über das extrem konservative Playcalling von Coach McCarthy war Aaron Rodgers nach dem Spiel offensichtlich höchst verärgert) bekamen die Seahawks zum Ende des letzten Viertels dann noch eine weitere Chance. Und wie das halt immer so läuft – Green Bay versucht nur noch, die Führung über die Zeit zu retten, die Defense spielt nur noch im Absicherungs-Modus, Seattle mit ein paar einfachen First Downs. Und plötzlich läuft Wilson per Read-Option selbst zum Anschluß. 19:14. Geht da noch was?

2:09 auf der Uhr. Onside-Kick, is klar. Klappt so gut wie nie. Aber einer hatte was dagegen: ein Tight End namens Brandon Bostick. Seit er es geschafft hat, den Football nach besagtem Onside-Kick durch die flutschigen Finger gleiten zu lassen und die Seahawks damit nochmal zu reanimieren, hat er einen Ehrenplatz in der Packers Hall-Of-Fame von unserem Stolle. NICHT. Meine ungläubigen Augen sahen danach jedenfalls einen Touchdown von Beastmode und eine unfassbare 2-Pont-Conversion. Aber unfassbar war dieser Abend ja eh, passt also.

Russell Wilson wie ein Huhn ohne Kopf auf der Flucht vor Clay Matthews – und trotzdem findet er Tight End Luke Willson zum 22:19. Gut. Ne, nä? Wir gewinnen den Bumms tatsächlich? Nach diesem miesen Auftritt über 3 1/2 Viertel??? Gut, wenn das so ist, dann soll das wohl so sein.

Dem Packers-Fan neben mir wurde im Wohnzimmer spätestens da speiübel und die Chicken Wings waren wohl schon auf dem Weg zurück zum Ausgangspunkt… Aber halt! Aaron Rodgers spricht kurz ein paar beruhigende Worte im Huddle (‚Relax!‘), führt sein Team übers Feld, Field Goal, Overtime.


Kapitel IV – Verlängerung.

Ich mach’s kurz: Münzwurf Seahawks, langer Pass auf Baldwin, kurzer Lauf von Lynch — Auftritt meiner Frau. Ich erwähnte ja die Sache mit dem Nebenzimmer, Buschmann und Sat.1. Die Tatsache, dass Fernsehen immer schneller ist als Internetz und Buschi somit bereits das kommentiert hat, was im Gamepass erst einige Minuten später zu sehen ist, war uns nicht bewusst. Also mir und dem Packers-Fan neben mir zumindest nicht. Bis zu diesem Moment. Oh nein.

Ich sah in die freudigen Augen meiner Frau. Sie wusste, was gleich passiert. Sie dachte, wir tun dies auch. Der Packers-Fan sah ihren Blick. Und meinen. Und wenn dieser hätte töten können, hätten wir uns wohl von ihm verabschieden müssen… Vielleicht ist an diesem Abend auch etwas in ihm gestorben. Freud und Leid. Football kann grausam sein.

Wilson auf Kearse. Touchdown. Game Over. Go Hawks.

 

Foto-Quelle: Instagram

Hinterlasse ein Kommentar

Bitte gib einen Kommentar ein!
Bitte gib hier deinen Namen ein