Der Februar. Das Sommerloch der NFL. Nur mit beschissenerem Wetter. Und anstelle von alljährlich aufgewärmten Medien-Berichten zu typisch sommerlichen Themen, ergötzen wir uns an Gerüchten, Märchen und Geschichten aus der Fabelwelt rund um das fliegende Schweineleder. Eigentlich ist es die traurigste Zeit des Jahres für NFL-Fans, doch euer unbändiger Durst nach Infos aus Goodellistan ist unser Antrieb. Und dafür möchte ich einfach mal DANKE sagen…
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Die Footballerei bedeutet "NFL frei Schnauze": Höre den beliebten deutschsprachigen NFL Podcast wann immer und wo immer du willst:
Liebe Football(erei)-Gemeinde,
Die Zeit zwischen dem Montagnachmittag nach dem Super Bowl, wenn man aus dem Koma der Nacht erwacht und Sieg oder Niederlage seines Favoriten noch nicht so recht verdaut und verarbeitet hat, und den ersten Drills der Combine, wenn wir uns mit unseren Football Buddies über Handy virtuelle High Fives zuwerfen, weil der Running Back, von dem wir noch nie gehört haben, der aber der nächste Eric Dickerson sein soll und von Experten als Erstrunden-Pick unseres Lieblingsteams gesehen wird, utopisch schnelle 4,31 Sekunden für 40 Yards gebraucht hat, ist die härteste Zeit im Leben eines Football-Fans.
Es sind 25 Tage, denen man sich im Büro montags nicht über Sonntag unterhalten kann und in denen man sich sonntags wünscht, es wäre schon Montag. Schließlich hat man keine Ausrede mehr dafür, warum der Besuch der Schwiegermutter eine schlechte Idee sei. Es sind 25 Tage, an denen man dem grauen Alltag nicht entfliehen kann. Rasenmähen statt Return Touchdown. Steuererklärung statt Screen Pass. Fensterputzen statt Fake Punt.
In der normalen Welt nennt man diese triste Zeit das Sommerloch. Habt ihr bestimmt schonmal gehört. Das ist die Zeit, in der ihr euer Season Preview Magazin von Athlon oder Lindy’s im Briefkasten findet und euch langsam aber sicher auf die neue Saison vorbereitet. Und einige von euch (sowie Detti von uns) wälzen tagtäglich Fantasy-Football-Hefte, um ja keinen Steal zu verpassen. Deren Sommerlich ist eben nicht unser Sommerloch. Unser Sommerloch ist hier und heute. Der Februar!
6. These: Ihr habt eigentlich was Besseres zu tun, lest unseren Shit aber, weil ihr auch solche Football Nerds seid wie wir
Während die anderen in ihrem Sommerloch im Fernsehen mit Berichten aus der Konserve zugemüllt werden und sich darüber informieren, welchen Sonnenschutzfaktor man wirklich braucht, ob man auf dem günstigen Grill vom Discounter das Steak genauso saftig hinbekommt wie auf dem Luxusgrill mit Bierhalter und Abstellfläche für vegane Speisen, und was es für neue Peinlichkeiten auf Malle gibt (Deutsche Urlauber geschockt: Einheimische sprechen fremde Sprache!), plagen wir uns in unserer Lehrlaufzeit alljährlich mit den wirklich wichtigen Fragen des Lebens rum:
Welches verwöhnte Rich Girl datet dieses Jahr einen testosterongeschwängerten Linebacker? Welcher alternde Superstar greift nochmal nach den Sternen? Warum habe ich seit zwei Tagen nichts mehr von Jerry Jones gehört? Welche Sportart probiert Tim Tebow diesen Monat aus? Und was zum Henker gibt es Neues von Johnny Manziel?
Die „Alter Mann was nun“-Story:
Es gibt jeden Februar diesen einen (manchmal auch zwei) Spieler, der die Schlagzeilen beherrscht. Man hat das Gefühl, als würden 31 Teams nur darauf warten, den endlich unter Vertrag nehmen zu können. Und neben viel zu viel Geld stopfen sie ihn noch mit ner Yacht, drei Häusern, neuen Brüsten für seine Schnecke und nem Ponyhof für die Tochter. Wenn dann die Combine vorbei ist und die Free Agency beginnt, sitzt Spieler X immer noch auf dem Sofa, wird fett und freut sich schlussendlich im Juni über einen Anruf, als Backup nochmal eine Chance zu bekommen.
In diesem Jahr trifft das wohl auf Tony Romo zu. Und auf Jay Cutler, wenngleich wir über den verdächtig wenig hören. Bislang…
Die „Agent hackt Spieler Twitter Account und textet die Welt zu“-Story:
Auch den Typus gibt es alle Jahre wieder. Social Media sei Dank. Irgendein Spieler, der unglücklich bei seinem aktuellen Arbeitgeber ist, sich von der Welt missverstanden fühlt und sich mit seinem bestehenden Millionendeal leider trotzdem nicht die mit Swarovski-Steinen besetzten Goldfelgen für den neuen Bentley leisten kann. Entweder sein Agent, sein PR-Berater oder er selbst (unter Anleitung seines Agenten und/oder PR-Beraters) zwitschert beinahe täglich über die Ungerechtigkeiten in seinem wirklich bescheidenen Dasein. Er lobt Teams, die perfekt für ihn wären, disst sein eigenes Team und schwört, nie wieder für das Team spielen zu wollen. Am Ende hat das Team meist die dickeren Eier. Oder der Spieler bekommt seinen Wunsch und vergeigt in seiner neuen Heimat jämmerlich.
In diesem Jahr sprechen wir hier wohl von Adrian Peterson. Die Giants sind ja sooooooooooo geil.
The Giants been making some interesting moves.
— Adrian Peterson (@AdrianPeterson) 16. Februar 2017
Die „Reiche Göre sucht Aufmerksamkeit von Daddy indem sie mit Spieler rummacht“-Story:
Paris Hilton hat es getan (Brian Urlacher). Kim Kardashian hat es getan (Reggie Bush). Kendra Wilkinson hat es getan (Hank Baskett). Irgendein silikon-gepimptes Püppchen wird sich auch dieses Jahr den Sommer wieder mit einem Muskelpaket der NFL vergnügen. Dicke Schlagzeilen. Dicke Schande für Daddy. Und mit Glück oder Pech auch ein dickes Bäuchlein.
Noch fehlt sie uns, die Sex-Skandal-Story des Jahres, aber ich habe das Gefühl, unser Kucze ist da schon dran…
Die „Von dem hab ich wirklich nicht erwartet, dass der im Knast landen würde“-Story:
Die NFL und amerikanische Gefängnisse. Einige Teams könnten direkt neben der Geschäftsstelle ein kleines Sheriff-Office eröffnen, so viele Spieler mit kriminellen Geschichten gibt es. Das schockt uns ja gar nicht mehr (was echt traurig ist). Eine Woche ohne Crime News aus der NFL ist wie Markus Lanz ohne einen Gast, der was von Fußball versteht. Ich schweife ab… Es gibt nämlich jede Offseason einen Spieler, der mit seiner Knast-Geschichte alle umhaut. „Der war doch immer so nett und hat in der Nachbarschaft geholfen“, heißt es dann.
Diesen Februar erfreuen wir uns an Darrelle Revis und seiner skurrilen Geschichte. Und je länger sich das traurige Drama hinzieht, desto kleiner ist die Chance, dass Revis auch 2017 spielen wird. Ganz zu schweigen von seinen Chancen auf die Hall of Fame…
Die „Der will es nochmal versuchen? Man muss der pleite sein“-Story:
Auch diese Geschichte wiederholt sich. Spieler hat Karriere an den Nagel gehängt. Ist viel zu früh ausgestiegen. Hat sein Potenzial nie richtig abgerufen gehabt. Jahre später will Spieler es nochmal wissen. Er sei so fit wie nie, reifer, ein echter Leader und Teamplayer. In Wahrheit ist er wahrscheinlich blitzeblank und braucht dringend die Kohle (oder zumindest Publicity). Wenn es nicht mit dem NFL Deal klappt, dann ja eventuell mit eins, zwei TV-Auftritten und einer Rolle bei „Dancing with the Stars“ oder „Celebrity Rehab“.
Vince Young will es drei Jahre nach dem Ende einer mageren NFL-Karriere (trotz zwei Pro Bowls) noch einmal wissen. Er soll in Kanada bei den Roughriders vorspielen. Aber mit Sicherheit hofft er auf ein Comeback in der NFL. Klingt nach JaMarcus Russell 2.0.
Die „Ist ja mal wieder typisch Johnny“-Story:
Kein (Ex) Sportler beherrscht die Klatschspalten in den USA so sehr wie Johnny Manziel. Das ist eigentlich unglaublich, immerhin hat der Mann gerade einmal vier Jahre Football auf höherem Niveau (College/NFL) hinter sich. Und mittlerweile hat der einstige Heisman Trophy Sieger mehr Skandale als Siege auf dem Konto. Alles begann schon vor seinem ersten Spiel für Texas A&M. Es war der Anfang eines schleichenden Untergangs. Zuletzt machte er mit einer überteuerten Autogrammstunde beim Super Bowl und der Aussage, er wolle wieder spielen (hallo, Vince Young) von sich reden.
Ach, diese Offseason ist doch herrlich. Eigentlich haben wir nichts zu berichten. Wir haben nur ein rosa Einhorn mit Football Pads gesehen. Aber wir wollen glauben, dass es mehr Touchdowns wirft als Aaron Rodgers oder dass es die Cleveland Browns zurück auf die Siegerstraße führen wird. Wir brauchen diese „No-News“. Wir brauchen unsere tägliche Dosis Fake Football. Irgendwas, um diese düstere, trockene Zeit bis zur Combine zu überstehen. Denn Football ist unsere Droge.
Und weil ihr euch eure Line tagtäglich hier auf unseren Plattformen reinzieht – und das völlig kostenlos und mit der einzigen Nebenwirkung, dass wir abhängig machen – seid ihr einfach die geilsten Football-Jünger unter der Sonne! Ich verneige mich vor euch. Ich ziehe meinen Hut (oder eher mein verschwitztes Cap). Ich widme euch diese Zeilen.
Danke.
In diesem Sinne. Bis nächste Woche,
Euer Stolle