Nein, für hochklassigen und attraktiven Football stand die AFC South lange nicht. Im Vergleich mit vielen anderen Divisions fiel sie leistungsmäßig deutlich ab. Das lag vor allem an den Jacksonville Jaguars, Houston Texans und Indianapolis Colts, die seit Jahren zu den schlechtesten Teams der gesamten NFL zählen. Sportliche Highlights hatten hier Seltenheitswert.
Aber DAS könnte sich jetzt endlich ändern!
Footballerei als Podcast: 3x wöchentlich & kostenlos — jetzt auch bei Spotify!
Die Footballerei bedeutet "NFL frei Schnauze": Höre den beliebten deutschsprachigen NFL Podcast wann immer und wo immer du willst:
Grund 1: Jaguars-Quarterback Trevor Lawrence geht in sein drittes NFL-Jahr. Viele Experten trauen dem First Overall Pick 2021 jetzt den endgültigen Durchbruch zu. Die Vergleiche mit Peyton Manning, der zu Beginn seiner Profi-Karriere ebenfalls nicht sofort überzeugte, werden immer lauter.
Grund 2: In der AFC South starten gleich zwei Rookie-Quarterbacks – Anthony Richardson für die Colts und C. J. Stroud für die Texans. Vor allem Richardson ist spektakulär in seiner Spielweise, Stroud bekannt für einen starken Arm. Und bei den Tennessee Titans lauert der diesjährige Zweitrunden-Pick Will Levis auf die erste Schwächephase von Stamm-Spielmacher Ryan Tannehill.
Rückblick
Vergangene Saison gab es wieder einen „Wachwechsel“ in der AFC South. Nachdem der Division-Titel 2020 und 2021 an die Titans ging, setzten sich 2022 die Jaguars die Krone auf. Erstmals seit 2017. Zu verdanken hatten sie dies fünf Siegen in Folge im Endspurt der Regular Season – und gleichzeitig sieben Pleiten in Serie der Titans. Die Colts (4 Siege, 12 Niederlagen, 1 Remis) und die Texans (3 Siege, 13 Niederlagen, 1 Remis) landeten weit abgeschlagen.
In den Playoffs begeisterten die Jaguars dann mit einem irren Comeback gegen die Los Angeles Chargers. Obwohl sie bereits 0:27 zurücklagen, gewannen sie am Ende noch mit 31:30. In der folgenden Divisional Round war dann aber nach einem 20:27 bei den Kansas City Chiefs Schluss. Mit dem Super Bowl hatten die vier Teams aus der AFC South mal wieder nix zu tun.
Jacksonville Jaguars
Neben Lawrence lasten bei den Jaguars die Hoffnungen der Fans auf der Schulter von Calvin Ridley. Der Hype um ihn ist riesig.
Ridley zählte in der Saison 2020 zu den besten Wide Receivern der NFL. Für die Spielzeit 2022 wurde er dann aber komplett gesperrt. Er hatte verbotenerweise auf die Ergebnisse von Sport-Spielen gewettet – darunter auch auf welche seines Arbeitgebers, den Atlanta Falcons. Dass Ridley für dieses Vergehen so hart bestraft wurde, sorgte für Erstaunen. Vor allem, weil NFL-Spieler, die häusliche Gewalt ausgeübt haben, meistens mit nur vier Spiele Sperre davonkommen. Nun ja…
Die Jaguars wollten ihn trotzdem unbedingt. Bereits im November 2022 eisten sie ihn per Trade aus Atlanta los. Nun darf Ridley wieder ran und soll die neue Anspielstation Nr. 1 für Lawrence sein. Im Training klappt das Zusammenspiel der beiden bereits hervorragend. Doch selbst, wenn Ridley (machte sein letztes NFL-Spiel im Herbst 2021) in Jacksonville nicht funktioniert: Mit u. a. den weiteren Receivern Christian Kirk und Zay Jones, Tight End Evan Engram und Running Back Travis Etienne haben die Jaguars weitere Playmaker in ihren Offensiv-Reihen.
Die Defense ist noch jung, aber sehr talentiert. Dass der Coaching Staff mit Chef-Trainer Doug Pederson sowie seinen Koordinatoren Press Taylor (Offense) und Mike Caldwell (Defense) an der Spitze in der Offseason in nahezu gleicher Besetzung blieb, vertieft bereits eingespielte Mechanismen.
Tennessee Titans
Ryan Tannehill under center, Derrick Henry im Backfield und DeAndre Hopkins als Outside Receiver. Vor ein paar Jahren wäre das eine ziemlich geile “Big 3“ gewesen. Gilt das aber auch heute noch?
Tannehill gehörte noch nie zur Top-Elite der NFL. Henry hat Verschleißerscheinungen. Und Hopkins, gerade erst von den Arizona Cardinals zu den Titans gekommen, ist auch schon 31. Wenn die drei liefern, wird es auch 2023 wieder die gewohnte Titans-Power geben. Wenn…
Wenn nicht, müssen es zwei Rookies richten. Will Levis, im Draft erstaunlicherweise bis in die zweite Runde gefallen, könnte Tannehill beerben. Running Back Tyjae Spears, in der dritten Runde gedraftet, würde für Henry in die Bresche springen. Bitter: Treylon Burks, fest an der Seite von Hopkins eingeplant, fällt wohl in den ersten Saison-Wochen verletzt aus.
Nicht vergessen: Die Titans haben die beste Verteidigung in der AFC South. 2022 war sie sogar die beste Run Defense der NFL. Durch die Luft war sie vergangene Saison aber leicht(er) verwundbar. Defensive End Arden Key, neu von den Jaguars gekommen, soll Löcher stopfen. Die Cornerbacks der Titans sind ein wunder Punkt.
Indianapolis Colts
Bei den Colts ist nichts mehr wie es war. In der Offseason wurde der gesamte Coaching Staff ausgetauscht. Neuer Chef-Trainer ist jetzt Shane Steichen, der zuvor Offensive Coordinator bei den Philadelphia Eagles war und u. a. Quarterback Jalen Hurts zu einem „Breakout“-Jahr verhalf. Für den 38-Jährigen ist es der erste Job als Headcoach in der NFL.
Auch auf der Spielmacher-Position gab es Wechsel. Die Colts werden bereits im siebten Jahr in Folge mit einem neuen Quarterback ins Rennen gehen. Anstelle von Oldie Matt Ryan übernimmt jetzt Rookie Anthony Richardson. Mit dem 22-Jährigen, an Position vier im Draft ausgewählt, geht Indianapolis volles Risiko!
Sollte Richardson so überzeugen wie in der vergangenen College-Saison für die Florida Gators, kann er ein neuer NFL-Superstar werden. Viele Experten sind allerdings skeptisch. Richardson wird eine Art „Wundertüte“ sein. Seine Auswahl an guten Anspielstationen ist bei den Colts überschaubar. Und Running Back Jonathan Taylor kämpft lieber für einen neuen Vertrag anstatt sich auf das Sportliche zu fokussieren.
Die Defense der Colts ist Liga-Mittelmaß. Die Defensive Front um DeForest Buckner, Shaquille Leonard und Kwity Paye ist ein Pfund. Aber, wenn der Ball mal durchkommt, ist die Secondary eine vermeintliche Schwachstelle. Das sind viele unerfahrene Spieler unterwegs.
Houston Texans
Alles neu auch mal wieder bei den Texans. Auch in Houston gab’s erneut einen Wechsel auf der Headcoach-Position. Neuer starker Mann ist jetzt DeMeco Ryans, der zuletzt Defensive Coordinator bei den San Francisco 49ers war und bereits zu aktiven Linebacker-Zeiten bei den Texans unter Vertrag stand. Also „Stallgeruch“ vom Feinsten.
Als neuer Offensiv-Regisseur wurde C. J. Stroud verpflichtet. Für den Quarterback der Ohio State University investierten die Texans den zweiten Pick im Draft. Stroud muss – genau wie Richardson – sofort funktionieren. Auch er wird direkt ins kalte Wasser geschmissen. Laut den Beatwritern in Houston sind Strouds Trainingsleistungen jedoch ernüchternd.
Die Offensive der Texans sieht generell nicht vielversprechend aus. Die Gruppe der Passempfänger gehört definitiv zu den schwächsten in der NFL. Einzige Lichtblicke sind Running Back Dameon Pierce und die O-Line.
Houston hatte vergangene Saison die schlechteste Run Defense der Liga. Das soll sich jetzt mit Will Anderson ändern. Den Defensive End wählten die Texans an insgesamt dritter Stelle im Draft. Hoffnung macht auch, dass mit Matt Burke ein neuer Defensive Coordinator verpflichtet wurde, der als „Players Coach“ gilt. Und DeMeco Ryans wird sicher auch großen Einfluss auf die Verteidigung haben.
Prognose
Die Jaguars sind klarer Favorit auf den Division-Titel! Die Titans sind zumindest auf dem Papier die zweitstärkste Truppe in der AFC South. Für einen Platz in den Playoffs wird’s für sie aber wohl nicht reichen. Die Colts und die Texans werden besser und polieren ihre zuletzt desaströse Sieg-Niederlage-Bilanz auf. Mit den Plätzen eins und zwei haben sie aber (noch) nichts zu tun.
Foto: © IMAGO/Matthew Pearce/Icon Sportswire