Von Gianluca Piras
Die NFC North hält für die kommende Saison eine ganze Menge Fragen bereit: Wie schlagen sich die Packers nach dem Abgang von Aaron Rogders, gehen die Lions den nächsten Schritt? Oder sind es wieder die Vikings, die die Divsion dominieren? Und was ist eigentlich mit den Bears?
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Rückblick
Seine letzte Saison in Green Bay hatte sich Aaron Rodgers sicherlich anders vorgestellt. Die Packers verpassten die Playoffs und belegten nur Rang drei, nachdem man zuvor drei Division-Siege in Folge verbuchen konnte. Auch wenn der ganz große Wurf in Wisconsin zuletzt 2010 gefeiert werden konnte, geht die Ära der Dominanz endgültig zu Ende.
Und so kommt der aktuelle König des Nordens aus Minnesota. Das Team von Rookie-Headcoach Kevin O’Connell stand für ein Offensiv-Spektakel, welches jederzeit ein schon verloren geglaubtes Spiel noch herumreißen konnte. Vor allem das größte Comeback in der NFL-Historie gegen Indianapolis, in welchem man aus einem 0:33 noch einen 39:36-Sieg verzeichnen konnte, wird den Fans noch lange in Erinnerung bleiben.
Trotz einer der schwächsten Defenses der Liga gewann man mit einem 13-4 Record den Division-Titel. In der Wildcard-Round zeigten die Wikinger jedoch Nerven und unterlagen den New York Giants.
Die Überraschung der Saison waren die Detroit Lions, welche sich auch dank des Deutsch-Amerikaners Amon-Ra St. Brown zum Geheimfavoriten mauserten. Am Ende verpassten die Jungs von Dan Campbell jedoch ganz bitter die Post-Season. Die Chicago Bears hingegen stellten das schlechteste Team der NFL-Saison (3-14) und ergatterten immerhin noch den First Overall Draft Pick.
Minnesota Vikings
Nachdem letztes Jahr der gesamte Coaching Staff sowie General Manager in Minneapolis ausgetauscht wurden, geht Quarterback Kirk Cousins zum ersten Mal (!) in seiner elf Jahre langen NFL-Karriere mit demselben Playcaller in die neue Saison.
Offensiv sind die Vikings trotz einiger namhafter Abgänge weiterhin sehr gut aufgestellt. Gerade das Dreieck um Cousins, TJ Hockenson und Justin Jefferson wird in der Division mindestens gefürchtet sein. Der wahrscheinlich beste Receiver der Liga will in seinem vierten Jahr endlich die Schallmauer von 2.000 Receiving-Yards knacken und sich nicht nur für Vikings-Fans unsterblich machen.
Helfen soll dabei vor allem First-Round Pick Jordan Addison. Vom 21-Jährigen wird nicht nur erwartet, Urgestein Adam Thielen zu ersetzen. Vielmehr soll er mehr Freiräume für Jefferson kreieren. Vor einer mindestens genauso großen Herausforderung steht Runningback Alexander Mattison. Um die Capspace-Hölle in den Griff zu bekommen, entließ GM Kwesi Star-RB Dalvin Cook.
Die wichtigste Offseason-Verpflichtung bleibt jedoch Brian Flores. Der neue Defensive Coordinator muss die Scherben von Ed Donatell aufräumen, welcher mit seiner „bend-but-don’t-break“-Taktik kläglich gescheitert ist. Flores ist bekannt für sein aggressives Blitzing, was den Wikingern in der vergangenen Saison nicht nur in den Playoffs gefehlt hat.
Letztes Jahr, so waren sich die meisten Experten einig, war Minnesota das wohl schlechteste 13-4 Team aller Zeiten. Sollte Flores in Kwesis Competitive-Rebuild auch nur eine kleine Verbesserung herbeiführen, ist ein tiefer Playoff-Run nicht unrealistisch.
Detroit Lions
Mehrere Jahre stand man sich in Michigan selbst im Weg. Dan Campbell hat es geschafft, seinen aggressiven Motivationssprüchen auf Pressekonferenzen Taten folgen zu lassen. Als Rookie-Headcoach von vielen noch belächelt, sind die Lions im kommenden Jahr mehr als nur ein Geheimfavorit auf den Division-Titel. Für die Buchmacher aus Las Vegas ist Detroit der klare Favorit in der NFC North. Es wäre der erste Division-Sieg seit 1993 (damals noch NFC Central)!
Die Building Blocks der spektakulären Offense sind dabei größtenteils zusammengeblieben. Wenn Quarterback Jared Goff es schafft, seine Waffen um St. Brown, den Rückkehrer Marvin Jones und Rookie Tight End Sam LaPorta einzusetzen, können die Lions jedem Gegner 40 Punkte einschenken.
Um wirklich erfolgreich zu sein, muss sich die Defense jedoch merklich verbessern. Hätte man letztes Jahr nicht die meisten Yards überhaupt zugelassen, wären die Playoffs wohl kein Problem gewesen. Und so hat man neben Defensiv-Star Aiden Hutchinson einen Mix aus Jung und Alt verpflichtet.
Mit Rookie Bryan Branch sowie den Veterans Cameron Sutton, CJ Gardner-Johnson und Emanuel Mosley tauschte Detroit quasi seine gesamten Defensive Backs aus. Damit dürften die Fans endlich wieder Playoff-Luft schnuppern.
Green Bay Packers
Wie weit ist Jordan Love? Die Antwort auf diese Frage wird vermutlich den Ausgang der Saison für die Packers beschreiben. Der Quarterback geht in seine bereits dritte Saison, tritt nun jedoch als Starter in die Fußstapfen des mehrfachen MVP und Super Bowl-Siegers Aaron Rodgers.
Aufbauen kann Love dabei vor allem auf junge, talentierte Passempfänger. Etwas, das Rodgers nur selten hatte. Allen voran Christian Watson, der sich nach einem starken ersten Jahr weiter steigern will. Viel erwartet wird auch von den zwei Rookie-Tight-Ends Luke Musgrave und Tucker Kraft. Coach Matt LaFleur könnte mehr Presnap-Motion und kreativeres Play-Design einbauen, was Love zugutekommt. Die starke O-Line um einen fitten David Bakhtiari ist dabei ebenfalls die beste Grundlage.
Darüber hinaus wird sich zeigen, wie Green Bay die Löcher in der Defensive stopfen will. Lange Zeit als eine der unangenehmsten Defenses der NFC gefürchtet, war davon letztes Jahr wenig zu spüren. Konstanz auf der defensiven Seite würde den Packers einen gewissen Floor zurückbringen, wobei fraglich ist, wie DC Joe Berry mit gleicher Herangehensweise das Ruder rumreißen will.
Es sollte schon sehr überraschen, wenn die Packers mehr als nur ein Lehrjahr von Jordan Love bekommen und Postseason spielen.
Chicago Bears
Der Hype um Justin Fields lebt. Der Quarterback ließ letztes Jahr immer wieder aufblitzen, wieso ihn die Bears 2021 in der ersten Runde gepickt haben. Gerade seine Explosivität im Runplay war letztes Jahr einer der Lichtblicke für Chicago. Die Frage wird sein, ob Fields auch an seinem Armtalent arbeiten konnte.
Und so nutzte man den First-Overall Pick im Trade mit den Panthers, um seinem jungen Quarterback ein besseres Gerüst zu geben. Mit DJ Moore haben die Bears nun endlich eine klare Nummer 1 auf Receiver. Die bereits gute Offensive Line wird First Rounder Darnell Wright zusätzlich verstärken. Alles, damit Justin Fields nach dieser Saison endgültig bewertet werden kann.
Eine große Baustelle bleibt weiterhin die Defense. Lediglich 20 Sacks erzielte die Front der Bears, das ist einfach zu wenig. Daher überrascht es nicht, dass HC Matt Ebeflus sieben der zehn Draft-Picks in die Defense investierte. Der Vorteil der jungen Secondary wird sein, dass sie sich langsam an das Tempo der NFL gewöhnen kann.
Alles andere als ein weiteres Übergangsjahr erwartet schließlich niemand in Illinois.
Prognose
Die NFC North ist offener denn je, denn die Lions sind nicht mehr die graue Maus, die sie die letzten Jahrzehnte waren. Viele sehen Detroit als klaren Favoriten, da das junge Team bereits einiges an Erfahrung sammeln konnte. Die Fans verzeihen daher keine Ausrutscher mehr und irgendwie gönnt man es den Lions.
Dieses Mal haben die Löwen es dabei noch mehr in der eigenen Hand: In Woche 16 und 18 geht es gegen Minnesota, wo es aller Voraussicht nach um die Krone im Norden geht. Sollten die Vikings ihre Defense-Probleme etwas in den Griff bekommen, könnte das Team auch in den Playoffs für Furore sorgen.
Sicherlich hoffen die Packers-Fans, dass in Jordan Love der nächste Quarterback-MVP in Green Bay bereits gefunden wurde und zeitnah Playoff-Football in Wisconsin gespielt wird. Aus Division-Sicht waren sich Bears, Lions und Vikings jedoch noch nie so einig: hoffentlich nicht!
Die Chicago Bears werden sich dabei vor allem auf den vielversprechenden Rebuild konzentrieren und langfristig entscheiden müssen, ob sie diesen mit Justin Fields gehen möchten. Sollten die Bears erneut einen Top 3-Pick innehaben, ist ein Rookie-QB nicht auszuschließen.
Foto: © IMAGO/Steven King/Icon Sportswire